von lonie_skrivar
Ich sende dir eine Nachricht. Eine Nachricht ohne Tastengeklappere, ohne die hellen Töne, die die Tastatur auf dem Smartphone verursacht, ohne lautes Geplapper und ohne verwackelte und stockende Bilder.
Ich sende dir eine Nachricht. Eine stille Nachricht, die erst in deinen eigenen Gedanken wieder zu Tönen wird. Wenn ich groß und krakelig schreibe werden die Töne lauter, aufgeregter. Wenn ich gleichmäßig Schwung nach Schwung schreibe werden die Töne leiser und ruhiger.
Ich schreibe dir meine Ängste, meine Sorgen, meine Enttäuschung in dieser so unruhigen und beunruhigenden Zeit. Und mit jedem Wort, das aus meinen Gedanken über die Feder als Tinte auf das Papier gelangt werde ich ruhiger. Ich atme tief ein und wieder aus und habe das Gefühl, dass ich meine Sorgen und Ängste ziehen lassen kann. Ich sehe die Worte vor mir, aus meinem Kopf direkt auf das Papier geschrieben. Das Papier und diese Nachricht an dich nehmen mir die schweren Gedanken ab und führen dazu, dass ich mich leichter fühle.
Mit dieser neuen Leichtigkeit schildere ich dir, welche kleinen lustigen Dinge ich in den letzten Tage erlebt habe, was mich glücklich gemacht hat, was ich mir für die folgenden Wochen vorgenommen habe.
Dann schreibe ich: „Und wie geht es dir? Was machst du in dieser Zeit?“. Ich lade dich ein, deine schweren Gedanken über die Feder als Tinte aufs Papier gelangen zu lassen, damit du ruhiger und leichter und glücklicher wirst.
Meine Nachricht an dich falte ich zu einem kleinen Rechteck, schiebe sie in einen Umschlag und schreibe außen noch ein paar aufmunternde Worte darauf. So kann meine Nachricht auf dem Weg zu dir vielleicht noch anderen Menschen ihre schweren Gedanken nehmen: Der Frau am Postschalter, die eine Briefmarke auf den Umschlag klebt oder dem Mann, der die Post austeilt und meine Nachricht in deinen Briefkasten wandern lässt.
Meine Nachricht an dich macht sich nun auf den Weg zu dir, um dir von meinen Gedanken zu erzählen, um dir Mut zu machen und um dir zu zeigen: Es ist okay schwere Gedanken zu haben. Schreibe sie auf und schicke sie an jemanden, der dich mag. Und dann wirst du sehen: Es tut gut eine stille Nachricht zu verschicken. Ohne Tastengeklappere und helle Töne, ohne Geplapper und stockende Bilder. Einfach nur mit deinen Gedanken.
Ich schließe den Umschlag mit einem blauen Siegel – und einem Lächeln.
© lonie_skrivar 2020-03-27