von Devi
Blumengarteninnenhof, stilvoll renoviertes, altes Gasthaus, umgewandelt in ein Seminarhaus. Seit 30 Jahren, in der NĂ€he von Graz. Es ist zu meinem neuen âIndienâ geworden. Jeden Vormittag um halb neun gibt es eine Feuerzeremonie nach altem vedischen Ritus. Die Elemente werden gefeiert. Wir, die wir aus ihnen bestehen, opfern Blumen, FrĂŒchte, RĂ€ucherwerk und Ghee ins Feuer. Zum Abschluss die Kokosnuss. Sie steht fĂŒr das Ego, Maja, die Illusion, die mit einfallsreicher Dramatik oder verlockenden Wunschvorstellungen ihre schleierartigen Netze wirft.
Ich sitze mit Anamika am Feuer. Oft auch mit anderen Besuchern. Wir sitzen in Stille, singen, opfern Reiskörner. In Gedanken laden wir unsere Lieben ein. Beten fĂŒr die Tiere, fĂŒr alle Wesen aller Welten. Der Rauch steigt zum Himmel empor und kehrt als Segen auf die Erde zurĂŒck. FĂŒlle von der FĂŒlle genommen bringt immer mehr FĂŒlle hervor. Eine FĂŒlle, die fĂŒhlbar ist, hier im Babaji Haus. Ich nehme die Erfahrungen mit. Und je öfter ich hier bin, desto lĂ€nger hĂ€lt das liebevolle Band.
Seit es Menschen gibt, gibt es wohl auch Zeremonien, Rituale und Feste. Jeder âBrauchâ, den wir brauchen um unsere Verbindung mit allem Sein zu spĂŒren, ist dafĂŒr brauchbar. Das Bergsteigen, das Radfahren, das Schwimmen im Meer oder der Waldspaziergang, der Gottesdienst, das Tanzen oder ein liebevoll zubereitetes Mal. Alles gilt, wenn es uns dient nach innen zu tauchen, unsere wahre Heimat zu fĂŒhlen und dem nachzuspĂŒren, was wir in Wahrheit sind.
FĂŒr mich ist es wie Anhalten. Alles kommt zur Ruhe. Manchmal werden erst mal die Gedanken lauter, oder GefĂŒhle zeigen sich, die gefĂŒhlt werden wollen. Aber bald schon spĂŒre ich diesen Kraftstrom, der durch meinen Körper rieselt. Flirrend breitet er sich aus, alle Zellen erreichend. Zuerst nimmt er den Körper sanft in Besitz, dann die Gedanken und GefĂŒhle. Bis ich nur noch glĂŒcklich bin. Alles vergesse was gerade noch belastend oder verunsichernd, vielleicht traurig oder schockierend war. Es ist einfach nicht mehr da. Eine Helligkeit, die mit Leichtigkeit um sich sprĂŒht und wirbelt wie ein Kreisel im Wasser, hat mich erreicht. Ich öffne mich, lasse zu, fĂŒhle eine belebende KĂŒhle in meinem Körper. Von auĂen nach innen, von innen nach auĂen. Nichts gibt es zu bedenken.
Meine Augen treffen auf deine. Dein Blick ist klar, fest und durchdringend. Jugend ohne Anpassung, Freiheit im Sosein. Ein Reich mit Worten nicht zu erreichen. Mein alles erkennt sich in deinem. Ich weiche nicht mehr von deiner Seite und du nicht von meiner. So sehe ich dich auch jetzt. Hier in diesem Raum, weit entfernt, mit juckenden FuĂgelenken und Blasen im Mund. Alleine in schlafloser Nacht bist du meine Einsamkeit. Das Eingestehen und Annehmen meiner SchwĂ€chen und das geduldige Begleiten meiner einst zurĂŒckgelassenen Anteile schenkt mir Frieden. Da wo Zeit keine Rolle spielt, ist mein eigener Rhythmus erlaubt. Hier baut erleichtert Entspannung ihr weiches Nest.
© Devi 2021-08-13