Im Bann der Zeit

Julia Tullius

von Julia Tullius

Story

Durch den flüchtigen Nebel der Zeit schreite ich, ein Wanderer im Labyrinth meiner Gedanken, auf einem schmalen Pfad der Verpflichtungen. Die Uhr tickt in einem erbarmungslosen Takt, während die Schatten der Verantwortung mich wie ein stummer Begleiter verfolgen. Die Last der Fristen lastet schwer auf meinen Schultern, und die düsteren Wolken der Angst ziehen über meinen Verstand.

Jeder Tag fĂĽhlt sich an wie ein Wettlauf gegen die aufsteigende Flut der Aufgaben, die sich unaufhaltsam vor mir auftĂĽrmen. Die Minuten verrinnen wie Sand durch die Finger, und ich tauche ein in den Strudel der Hektik, gefangen in einem Albtraum aus tickenden Uhren und unvollendeten Projekten. Der Druck, rechtzeitig fertig zu werden, ist wie ein eisiger Griff um mein Herz, der mich in die Tiefe zieht.

Die Panik schleicht sich leise in meine Gedanken, wie ein Schatten, der sich über meine Sinne legt. Mein Atem wird flacher, und mein Herzschlag klopft im Gleichklang mit den Sekunden, die unaufhörlich verstreichen. Die Furcht vor dem Versagen nagt an meiner Seele, während ich verzweifelt versuche, die Zeit zurückzudrehen und die verlorenen Momente wiederzuerlangen.

Inmitten des Sturms der Hektik tritt die Scham auf die BĂĽhne meiner Emotionen. Die Blicke der anderen fĂĽhlen sich an wie grelle Scheinwerfer, die auf meine Unzulänglichkeit gerichtet sind. Jedes gutgemeinte „Bist du schon fertig?“ oder „Hast du das abgegeben?“ dringt wie ein Pfeil in mein Innerstes und lässt mich das GefĂĽhl haben, mich vor den Augen aller zu blamieren.

Die Stunden werden zu Qualen, und die Minuten zu unerbittlichen Peinigern. Die innere Stimme der Selbstkritik wird lauter, während ich mich frage, wie ich in diese Lage geraten konnte. Die Dunkelheit der Schande umhüllt mich wie ein undurchdringlicher Nebel, der mich von der Welt isoliert und mich dazu treibt, mich vor mir selbst zu verstecken.

Doch inmitten dieser dunklen Wirbelstürme der Angst und Scham beginnt ein zartes Licht zu leuchten – ein Funke der Erkenntnis. Ich erkenne, dass ich nicht allein bin, dass viele andere dieselben Ängste durchleben, dieselben Kämpfe austragen. Ich erkenne, dass Fehler und Verzögerungen menschlich sind, dass sie Teil des Lernens und Wachsens sind.

Mit jedem tiefen Atemzug finde ich den Mut, den Strudel der Panik zu durchbrechen. Ich stehe aufrecht gegen die Schatten der Angst und der Scham, und ich entscheide mich, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Die Fristen mögen knapp sein, aber ich werde nicht zulassen, dass die Zeit mich beherrscht.

Und so kämpfe ich weiter, Schritt für Schritt, den Blick auf das Ziel gerichtet. Ich lasse die Panik in Entschlossenheit verwandeln und die Scham in Stärke. Jeder Augenblick wird zu einem Akt des Widerstands gegen die Dunkelheit, und jede abgegebene Aufgabe wird zu einem Sieg über die Macht der Zeit.


© Julia Tullius 2023-08-08

Genres
Anthologien
Stimmung
Emotional