von Komfortzone
Ich habe vor etlichen Minuten ein prominentes Cafe in Wien geentert. Es ist drückend heiß. Nach acht schweißtreibenden Kilometern über Stock und Stein lechze ich schweißgebadet nach Flüssigkeit. Ich suche mir einen sonnenbeschirmten Platz und lasse mich häuslich nieder. Die Zeit vergeht, mein Mund trocknet besorgniserregend vor sich hin. Ein unschöner Zustand, wenn man quasi vor der Quelle sitzt. Und die Gäste ringsum Drinks schlürfen.
Etwas perplex schaue ich dem pinguinkostümierten Personal zu, das beflissen die Herrschaften hinsichtlich ihrer Wünsche befragt, die nach mir eingetrudelt sind. Hilfspinguine laden Köstlichkeiten bei Leuten ab, die, man ahnt es schon, ebenfalls nach mir gekommen sind. Hilfspinguine sind leicht auszumachen. Sie schleppen Teller und wischen Tische, sind aber unwürdig, ihre Taille mit Geldbörsen-Gürtel zu zieren oder gar Bestellungen aufzunehmen.
Langsam frage ich mich, ob ich eine Tarnkappe trage. Liegt es daran, dass ich weder blassbeigefarbenes noch akkurat onduliertes Haar, Hosenträger oder Herrenhandtäschchen vorweisen kann? Dafür kreativ zerzaust in Sportklamotten herumhocke? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort habe. Urplötzlich und wie aus dem Nichts bremst sich ein Ober-Pinguin vor mir ein und säuselt nach meinem Begehr. Gerade rechtzeitig, hatte ich doch erwogen, das Etablissement zornbebend und mit verdorrter Zunge zu verlassen.
Dabei wurde meine sich aufbauende Aggression eine ganze Weile von meiner Neugier in Schach gehalten. Ich wollte unbedingt in Erfahrung bringen, wie oft Kellner und -innen vorbei wieseln und jemanden, in diesem Fall mich, ignorieren können. Viele Male, wie meine Studie ergab.
Vielleicht hätte ich mich in berühmt höflicher Wiener Manier a la: „Bist wo ang’rennt, Oida/e?“ bemerkbar machen sollen. Aber mit Tarnkappe nutzt das ja nix, der oder die Oida/e hätten mich ja nicht sehen können. Wobei: „bist wo ang’rennt“ wär‘ semikorrekt. Vielmehr hätte ich „bist vorbeig’rennt Oida/e“ brüllen müssen, aber – siehe Tarnkappe.
Zu guter Letzt wurde meine bevorstehende Austrockung verhindert. Und beim nächsten Kaffeehaus-Besuch schmuggle ich einen Flachmann ein. Natürlich mit Wasser gefüllt, was denken Sie denn?
© Komfortzone 2021-09-27