Im Hoppladi-la-Daa-Land

Clarissa_Smiles

von Clarissa_Smiles

Story

Ein Nachzügler, die letzte SF-Story von insgesamt elf.

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Zwei ätherische Wesen mit den Seelenklängen Sa-Mo und Sa-Ra entschlossen sich, neue Erfahrungen zu sammeln, indem sie für kurze Zeit Lebensformen in einem zweidimensionalen Miniversum annahmen. Fast zweidimensional, genau genommen. Hier ist alles einen Viertelmillimeter hoch.

Punktförmig beginnt hier alles Leben und dehnt sich aus der Mitte aus. Die beiden waren farbenprächtige, annähernd kreisförmige Wesen und erreichten knapp drei Zentimeter Durchmesser. Alle körperlichen Sinne befinden sich bei Flachwesen an ihren Rändern.

Natürlich wäre eine Existenz im Flächenland nicht ohne einen 3D-Sinn denkbar. Er ermöglicht den Bewohnern, ihre Welt aus der Vogelperspektive zu betrachten und dient ihnen zur Orientierung.

Wer glaubt, ein zweidimensionaler Mikrokosmos sei langweilig, hat sich gehörig getäuscht. Bei den beiden ging die Post ab. Tanzen gilt bei den Hoppladianern ais die höchste Kunst. Sie perfektionierten sich darin.

Sie umgaben sich mit den drolligsten Haustierchen, die man sich vorstellen kann, und kultivierten einen allerliebsten Hausgarten. In den 2D-Gärten von Hoppladi-la_daa-Land gedeihen nicht nur Pflanzen, sondern auch Ideensterne, die sich unmittelbar aus Gedanken manifestieren.

Ihre Nachbarn aus den Miniversen nebenan kamen hin und wieder vorbei, um die schöne Gartenanlage von Sa-Mo und Sa-Ra zu bestaunen. Sa-Mo war auch begnadeter Maler, und Sa-Ra schrieb jeden Abend zärtliche Gedichte. Ihre Gastfreundschaft und Kreativität sprachen sich herum. Das Paar genoss folglich hohes Ansehen im Hoppladi-la-Daa-Land.

Eines Tages hatten die beiden eine Eingebung. Sie entwickelten eine seltsame neue Schrift, Text und Notenschrift in Einem, bestehend aus kleinen Punkten, Strichen und Dreiecken. Jedes Zeichen brachte einen glockenhellen Klang hervor. Manche Melodien, die so entstanden, sind unsterblich schön. Sie gelten als Juwelen des Hoppladi-la-Daa-Kulturerbes. Flächenländer kennen weder Staat noch Religion, aber Klänge haben hier Kultstatus.

Sa-Mo und Sa-Ra liebten es besonders, mit ihren Multiwellenempfängern den Lauten zu lauschen, die aus höheren Dimensionen kommen. Jeden Abend sendeten sie liebevolle Gedanken in andere Dimensionen. Durch diese Gedanken waren sie mit allem verbunden. Sie wurden zu Gedankenmeistern.

Jeden Tag wuchs ein kleiner goldener Stern in ihrem Garten. Ein Stern ihrer Ideen. Er löste sich und schwebte davon, sich ihren Blicken entziehend. Im Lauf der Zeit wuchs die Sehnsucht des Paares, sich ebenfalls von ihrem Miniversum zu lösen und ein höherdimensionales Leben auszuprobieren.

Zurzeit leben sie auf einem Planeten am Rande der Milchstraße und erinnern sich nur noch vage an ihre kurze Zeit im Hoppladi-la-Daa-Land. Sie sind abermals Künstler geworden, und Tanzen ist ihre größte Leidenschaft.

© Clarissa_Smiles 2021-01-18

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