Im Salzkammergut…

Hillevi Hofmann

von Hillevi Hofmann

Story

…da kann man gut lustig sein.

Valentinstag 2021. Ich sitze alleine zu Hause und sehe mir mittlerweile den 5. Peter Alexander-Film an. Im Moment läuft gerade “Das weiße Rössl”. Ich sehe die Aufnahmen und werde plötzlich ganz melancholisch. Denn Dank dem idyllischen Zweitwohnsitz meines Ur-Großvaters hatte ich das kolossale Glück, einen Großteil meiner Kindheit und Jugend im Salzkammergut verbringen zu dürfen- in Ried am Wolfgangsee, nicht allzu weit vom Rössl entfernt.

Schon als Kind hat sich jener Berg, der wie ein liegender Löwe aussieht, auf liebevolle Weise in mein Kindergehirn gebrannt. Der Schafberg, Fürberg und das von den ankommenden Schiffen wellenbewegte, glasklare Wasser, die Steinfließen im Patio und die heimatfilmreife Einrichtung gaben mir stets ein Gefühl von familiärer Geborgenheit. Als rebellische Jugendliche wollte ich an den Wochenenden oft nicht mehr mit zur Familie am See. Obwohl ich dieses Haus, welches ganz im 50er Jahre Stil gebaut und eingerichtet war, über alles geliebt habe. Obwohl ich den selbst zubereiteten Fisch meines Großvaters geliebt habe. Obwohl ich den Thymiangeruch im saftig grünen Garten geliebt habe. Obwohl ich den entzückenden Humor meines Großvaters “Heute gibt es Schokoladesalat” so sehr geliebt habe. Obwohl ich die Schoko-Lade meiner verstorbenen Urgroßmutter im Salon geliebt habe und deren urigen Geruch nach Schnaps, Schokolade und Wiener Zuckerl. Und, obwohl ich es geliebt habe, stundenlang mit einer Wachauer Schnapspuppe in Opas Hollywoodschaukel zu liegen und die vorbeiziehenden Wolken zu zählen.

Weniger geliebt habe ich den Abwasch danach, der nur uns Frauen vorbehalten war. Da stand man dann stundenlang in Omas alter Küche und musste Emailgeschirr trocknen, während die Männer genüsslich in der Nachmittagssonne am Steg brutzelten oder sich mit einer Luftmatratze im smaragdgrünen Wasser des Wolfgangsees dahintreiben ließen.

Mein Großvater lag stets wie Hemingway mit Buch und Strohhut im Schatten der wehenden Bäume. Wenn ich das Weiße Rössl heute sehe, denk ich mit solch einer Liebe und Dankbarkeit an meine Kindheit. An eine meist unbeschwerte, unglaublich naturverbundene Zeit. Wie habe ich es geliebt, mit meinem Urgroßvater über den Fürberg zu wandern. Oder ihm beim Erschlagen von frisch geangelten Fischen zuzusehen, die ich am liebsten sofort wieder in den See geworfen hätte. Geschmeckt haben sie trotzdem immer himmlisch, egal wie furchtbar ihr grausames Ableben zuvor für mich war.

Ich frage mich, wie es wäre, wenn es dieses Haus heute noch gäbe. Bei einer Familie, die seit jeher so gegeneinander arbeitet. Könnte man sich noch immer dort treffen und Wolken zählen? Könnte man immer noch mit Opas Segelboot in den Sonnenuntergang segeln, um danach gemeinsam im Salon zu sitzen, um guten Wein bei einem Peter Alexander-Film zu trinken?

Das Salzkammergut gehört zu mir wie meine Geburtsurkunde. Denn dort gab es Familie und dort konnte ich lustig sein.

© Hillevi Hofmann 2021-02-14

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