Im Spital

Lorenz Graf

von Lorenz Graf

Story

Von vielen Seiten bedrängt, habe ich schließlich eingewilligt und war bereit, an meinen Augen eine Reparatur vornehmen zu lassen. Um 7.00 Uhr in der Früh sollte ich mich nüchtern im Spital einfinden. Ich war bereits um 6.45 Uhr dort. Meine liebe Gattin hat mich ja hingebracht. Es war noch still und ruhig. An einem Schalter entdeckte ich eine Frau. Zögernd näherte ich mich und übergab ihr einen Stapel Zettel, graue, orange, grüne und weiße.

Warten.

Eine sehr nette Frau bat mich, ihr zu folgen. Dann saßen wir zwei uns maskiert gegenüber. Sie übergoss mich mit einem Schwall von Informationen, vieles davon verstand ich nicht gleich. „Jetzt muss ich Sie testen“, sagte sie. „Gurgeltest?“ „Nein, nur Nasen bohren.“ Meinen Einwand, dass ich seit einem Jahr noch Antikörper habe, dürfe sie nicht gelten lassen und schon stocherte sie in meiner Nase herum. Das war sehr unangenehm. Test negativ.

„Machen Sie ihren Oberkörper frei und ziehen dieses Hemd an. Ihre Wertsachen können sie dort in dem Kasten einsperren. Dann werde ich ihnen eine Nadel für die Narkose setzen.“

Ich bin nicht der Mutigste, medizinisch gesehen, und so antwortete ich: „Ich habe keine Wertsachen, nicht einmal eine Uhr, nur einen Beutel voll Diamanten habe ich mit. Sonst nichts.“ Galgenhumor. Sie lächelte mich an und hantierte an meinem Arm herum und ehe ich es mitbekam, hatte sie schon eine Metallnadel in meine Hand getrieben und mit einem Plastikstopfen verschlossen. Gespürt habe ich nichts, aber hinschauen traute ich mich ein zweites Mal nicht mehr.

Jetzt hieß es warten. Ich wartete und wartete, schlief zwischendurch immer wieder kurz ein und wartete weiter. Irgendwann wurde ich geweckt und ein junger Mann bat mich, in einem Liegesessel Platz zu nehmen. Damit schob er mich in einen abgedunkelten Raum. Mein Blutdruck wurde gemessen, meine Aussage, dass ich immer 80/130 habe, wurde ignoriert. Ich hatte 90/140. „Die Aufregung. Das ist ganz normal“, belehrte mich eine junge Ärztin freundlich.

Es folgten wieder Fragen nach Krankheiten, Allergien, welche Medikamente ich nehme und wie schwer ich sei. Medikamente konnte ich mein ganzes Leben fast immer meiden, wie der Teufel das Weihwasser. Ich hatte eben Glück. Aber was soll das mit dem Körpergewicht? Ah, wegen der Narkose, schoss es mir durch den Kopf. Wenn ich hier etwas schummle, bekomme ich vielleicht eine höhere Dosis von dem Beruhigungsmittel, dachte ich mir. So antwortete ich: Ich nehme keine Medikamente, ich habe sogar die Babypille abgesetzt. Jetzt bin ich schwanger, wie ich in der Früh im Spiegel gesehen habe.“ Die sehr freundlichen Damen in Weiß lachten und ich hoffte, dass ich dadurch einige Milligramm mehr Beruhigungsmittel bekam.

Inzwischen dürften sie mitbekommen haben, dass ich eher ein vorsichtiger Patient bin. „Ängstlich“, sagt man ja nicht bei einem Mann! Sie taten mir nicht weh und haben ihre Sache gut gemacht.

Vieles sehe ich jetzt von der Welt besser, aber begreifen kann ich immer weniger davon.

© Lorenz Graf 2021-04-09