von Emma Breuninger
Immer nur lächeln, immer vergnügt. Immer zufrieden, wie‘ s immer sich fügt. Lächeln trotz weh und Tausend Schmerzen, doch wie‘ s da drinnen aussieht, geht niemand was an.
Dieses Lied aus Franz Lehars Operette „Das Land des Lächelns”, war Dein Lebensmotto. Dein Leben war schön, sagtest Du. Ich frage mich bis heute, was wirklich schön war an Deinem Leben.
Geboren an einem Sonntag im Juni 1910 in München. Darauf warst Du stolz, ein Sonntagskind! Es folgen bald zwei Schwesterchen. Ihr seid das „Dreimäderlhaus” und eure Familie ist glücklich. 1914 bricht der Krieg aus. Die Mutter erkrankt an Tuberkulose und stirbt, erst 32 Jahre alt. Du bist 6 Jahre alt und musst zur Tante nach Nürnberg. Zu weit zur Beerdigung in München, Du kannst nicht Abschied nehmen von der geliebten Mutter. Ein Leben lang verfolgt Dich das. Der Krieg endet, der Vater heiratet erneut. Zurück nach München. Die Stiefmutter, streng und eifersüchtig auf die tote Mutter. Inflation und Vaters Herzoperation. 1924 stirbt der Vater, 42 Jahre alt, du bist 14 Jahre und Vollwaise. Nur weg willst Du. 1927 nach Berlin, Du wirst Krankenschwester, Freunde erleichtern das Leben, in Deutschland bricht eine dunkle Zeit an. Der nächste Krieg, und mitten drin ein Patient, der Deinem Charme erliegt. Verlobung, Hochzeit, im Krieg. Ausgebombt und schwanger im 7. Monat. Zwei Monate später: die Wehen setzen ein in einer Bombennacht. Niemand da, der eine Gebärende in die Klinik bringt. Warten. Am nächsten Tag kommt das Töchterchen zur Welt, tot. Wieder schwanger, ein gesunder Sohn. Die Sowjetarmee marschiert ein, der Krieg endet. Armut, Hunger, arbeitslos. 1946 findet Dein Mann eine Stelle in seinem Fachbereich, als Physiker.
Dienstag, 22. Oktober 1946 / 6.00 Uhr morgens: lautes Klopfen weckt Euch, Soldaten vor der Tür. Ein Erlass von Stalin: Dein Mann wird verpflichtet, fünf Jahre in der UdSSR zu arbeiten. Um 12.00 Uhr mittags sitzt Ihr im Lastwagen mit Sack und Pack, Abtransport zum Bahnhof. Zwei Wochen im Zug bis an die Wolga. Aus 5 Jahren werden 11 Jahre und 3 Monate. Von der Wolga nach Moskau. Dort kommt Euer Töchterchen zur Welt, ich. Dann in den Süden ans Schwarze Meer. Bangen, wird man je wieder in die Heimat zurückdürfen? 1958 ist es so weit, direkt in die Bundesrepublik, zu den Verwandten.
Ein ganz neuer Beginn, eine schöne Wohnung, Vaters gute Stelle, wir Kinder wachsen heran. Drei Tage vor der Silberhochzeit die Diagnose: Krebs. Dein Todesurteil.
Vier Jahre sind Dir noch gegönnt, drei davon in relativ guter Gesundheit. Dann monatelang im Krankenhaus. Du willst nach Hause, aber Du schaffst es nicht mehr.
Heute sind es genau 50 Jahre, dass Du uns für immer verlassen musstest. Du fehlst uns, heute noch! Das riesige Vakuum in der Seele tut nach all den Jahren noch weh. Es war ein Geschenk des Himmels, Dich zur Mutter zu haben. Nun bist Du seit einem halben Jahrhundert unser bester Schutzengel. Wir vermissen Dich! Immer nur lächeln…!
© Emma Breuninger 2021-08-08