von Sandra Hermes
Es ist unfair. Da denkst du jedes Mal, es wird besser. Aber nein, Quatsch mit Soße: Nichts wird besser. Gar nichts. Das Thema Trennung holt dich immer wieder ein. Du rollst es mühsam weg und es rollt wieder zurück. Wie bei einem Jo-Jo.
Das letzte Wochenende waren die Kinder von Freitagmittag bis Sonntagmittag beim Papa. Ich musste beruflich auf einen Kongress nach Wien. Papa hat sich gefreut und die Kinder auch. Ich habe sie eine ganze Woche vorher vorbereitet: Ihr macht Urlaub bei Papa, weil Mama nach Wien muss. Vorbereitung ist wichtig.
Beim Abschied am Bahngleis gab es dann doch Tränen. Vor allem bei der Großen. Sie ist jetzt 4. Der Kleine hatte auch feuchte Augen, als ich im Zug sitzend aus dem Bahnhof fuhr. Ich nehme an, er ließ sich aber gleich von Papa beruhigen. Er ist ein Papa-Kind. Mit Papa schaffe und im Garten buddeln, an Sachen herumschrauben und mit der Schubkarre fahren. Er ist ein Bub. Immer dreckig. Immer rotznasig. Immer draußen. Er ist jetzt 2 Jahre alt.
Ich genoss meine Zeit in Wien und das Vermissen haben wir mit Video-Telefonie kleiner gehalten als ich befürchtete. Von beiden Seiten. Auch der Papa hat es super gemacht und es hat wohl alles mehr oder weniger gut funktioniert.
Wiedersehen und Abschied in Einem
Am Sonntag holten sie mich am Bahnhof wieder ab. Er und die zwei Kinder. Laut schreiend haben sie mich begrüßt. Es war toll. Mein Mama-Herz ging auf und alle schauten uns rührselig zu. Dann sollte der Kleine ins Auto für die Fahrt nach Hause, aber er fing an zu weinen. Herzzerreißend. Er will zu Papa. Er will bei Papa bleiben. Er will nicht nach Hause. Warum kann Papa nicht bei uns bleiben? Wir haben ihn dann gemeinsam beruhigt. Ich habe versucht mir nichts anmerken zu lassen. Aber ganz ehrlich: Innerlich hat es KABUMM gemacht.
Bei der Autofahrt hat er dann noch weiter dem Papa hinterher geweint. Besser gesagt leise gewimmert. Ich habe versucht ihn zu beruhigen, aber gemerkt, dass mich das ganz schön trifft. Richtig ins Herz ging das. Ich habe dann auch geweint und gesagt, dass ich den Papa auch vermisse und dass ich auch traurig bin. Und dann haben wir alle drei geweint. Um Papa. Um die Trennung. Um unser altes Zuhause.
Wenn nichts mehr hilft, hilft Lachen
Als ich dann in der Garage geparkt habe, nahm ich meinen Bubi aus dem Autositz und habe ihn durchgekitzelt, in die Luft geworfen und Grimassen geschnitten. Als er dann seine blonden Locken vor Lachen geschüttelt hat, wusste ich: Es ist wieder gut. Auch meine Große hat mit gelacht. Sie bekam auch eine Mama-Kitzelrunde. Das Lachen hat die Traurigkeit dann irgendwie weg gespült.
Aber trotzdem: Es war hart. Richtig hart. Ich weiß schon, dass ich das nicht persönlich nehmen soll, weil er ja nicht weint, weil er zu mir muss, sondern weil er von Papa geht. Ich weiß auch, dass der Abschied von Papa für ihn jedes Mal wieder eine Trennung ist. Und ich weiß auch, dass das dazu gehört und wir uns daran gewöhnen werden. An den Wechsel meine ich. Und trotzdem: Es hat mir unheimlich weh getan. Ehrlich.
© Sandra Hermes 2022-12-15