In eigener Sache – Teil 2

Martina Hammond-Bund

von Martina Hammond-Bund

Story

Robert hatte ich 2007 über Parship kennengelernt. Wir mussten ein neues zu Hause finden, weil mein Sohn, damals fast zehn, in England keine Freunde fand.

Mobbing wurde immer schlimmer: „Nazi, Nazi!“ Keiner darf den Stift berühren, den Ben angefasst hat, da sind deutsche Bakterien dran. Keiner darf neben ihm stehen, keiner will im Sport sein Partner sein, auf dem Schulhof wird er von einem halben Dutzend Kindern gleichzeitig am Hals gewürgt, als kollektive Mutprobe. Wenn ich abends an seinem Bett saß und seine Hand hielt, zerriss es mir fast mein Herz: „Mama, ich will einen Freund haben.“ Als Mutter wirst du alles für dein Kind tun, aber dieser Wunsch, liegt außerhalb deiner elterlichen Macht.

Ich saß damals mit Ben am Strand von Scarborough und hatte wegen der Brandung der Wellen, das Handyklingeln erst beim vierten Mal gehört. Ich erinnere mich, als mein Mann mich vor zehn Jahren fast panisch anrief, als er wenige Stunden vor dem Notartermin erstmalig den Hof in Buckautal von innen sah: „There are mushrooms growing out of the walls! We wont be able to have any kind of comfort for a long period of time.“ Hatten wir eine andere Wahl?

Ein Jahr lang hatten wir bereits gesucht, auch in Portugal, Frankreich und ganz Deutschland. Die Banken hatten uns komplett im Regen stehen lassen. Welches Haus von all denen, konnten wir ohne fremde Hilfe bar bezahlen? Es blieb nur das Haus übrig, dass wir einmal nur von außen begutachtet hatten, von dem wir auf der Beerdigung meiner Oma erfahren hatten. Jetzt nach zehn Jahren ist es eins der schönsten Häuser des Dorfes. Der Dreiseitenhof hat neue Dächer, Fenster, Fassade, Balken, Fliesen, Küchen, Parkett, Kamine, Terrasse, behindertengerechte Rampe und Bäder.

Im Garten wächst nicht nur Obst, Gemüse, Kräuter und eine Walnuss als Hof Baum, es erblühen englische Rosen, Rhododendren, Flieder, Lavendel, Tulpen und zur Freude meines Mannes auch viele Osterglocken. Nun wird es ernst. Mein lieber Vater und unser Sohn haben beschlossen sich in Berlin eine Wohnung zu teilen, was mich beruhigt. Eine Sorge weniger, wenn die beiden aufeinander Acht geben. Gestern haben sie ihren Mietvertrag für eine traumhafte Wohnung in einem Einfamilienhaus im Berliner Südwesten bekommen. Wie geht’s nun weiter? Diese Woche wird Kräftemäßig wohl die Anstrengendste des ganzen Jahres.

Altes Baumaterial an eBay Nutzer verkaufen und abholen lassen, alte Fenster für ein nie gebautes Gewächshaus auch. Morgen kommen Trödler, die ihre Lager aufstocken dürfen, Sperrmüll wird Freitag abgeholt, Samstag wird der Container für restlichen Schutt und Schrott aufgestellt, nach zwei Tagen wieder abgeholt, Fenster müssen geputzt, Frühjahrsputz erledigt und neue Pflanzen nach hoffentlich frostfreien Nächten ins Gemüsebeet gepflanzt werden. Heute in einer Woche kommt der Makler Engel & Völkers mit Fotografin und Drohne und dann gibt es kein zurück mehr. Wo werden wir den nächsten Winter verbringen? Wir wissen es nicht, noch nicht.

© Martina Hammond-Bund 2021-04-13

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