von Hannes Stuber
Im Süden von Ägypten, wo Nefru wohnt, ist es heiß und staubig, besonders zu Mittag. Nur zu beiden Seiten des Flusses Nil ist es grün und gibt es Felder. Sonst ist Wüste, wohin man blickt. Ohne den Fluss und sein Wasser gäbe es keine Felder und kein Ägypten. Nefru lebt mit ihren Eltern in einem alten Dorf. Sie wohnen in einem Haus aus Lehmziegeln. Ihre Eltern heißen Echnatomm und Hatschepsut.
Viele Menschen des Dorfs sind so arm, dass sie barfuß gehen, weil sie keine Sandalen haben. Die meisten Häuser haben nicht einmal Türen, sondern stattdessen Schilfmatten. In der Mitte der Häuser ist eine Feuerstelle und darüber ein Loch im Dach, damit der Rauch abziehen kann. Alle wohnen in solchen Lehmhäusern, nur der König, der Farao Peppi wohnt in einer Pyramide aus Steinen. “Farao” ist das ägyptische Wort für “König”.
Nefrus Vater arbeitet für den Baumeister Snofru. Darum sind sie nicht so arm und können sich manchmal sogar eine Reise leisten. Nefru ist sehr stolz auf ihren Vater, denn der Farao hat ihn sehr gelobt und etwas nach ihm benannt, was Echnatomm erfunden hat. Diese Erfindung heißt “Atom”. Nur was das ist, weiß sie nicht. Es soll sehr klein sein, so klein, dass man es nicht sehen kann.
Nefru kennt jeden Menschen im Dorf. Da ist der Bürgermeister Bofru, dem fast alle Felder gehören. Für ihn arbeiten die Bauern, denen nichts gehört. Sie haben keine Schuhe und nicht einmal Betten. Sie schlafen auf Schilfmatten auf dem Boden. Zum Glück ist es in Ägypten so heiß, dass es nichts ausmacht. Es gibt Tischler im Dorf, Schafhirten, Fischer, Beamte, Steinmetze und viele Leute mehr. Nefru kennt auch den Geschichtenerzähler Mulungu, den Schreiber Kufru, von dem sie das Papiermus für die Schule kaufen, den Medizinmann Tahuti und den Wirt Tofru.
Im Dorf ist es immer sehr ruhig. Es passiert so gut wie nichts. Trotzdem langweilt sich Nefru nie. Gerne hilft sie ihrer Mutter in der Küche, wenn die Fladen gebacken werden. Mit der Handmühle mahlt sie das Korn, das sich in großen Tongefäßen in der Speisekammer befindet. Dort stehen auch Krüge, die mit Wasser, Honig, Öl oder getrockneten Früchten gefüllt sind. Beim Essen sitzen sie auf kleinen Hockern. Die meisten Leute des Dorfs sitzen auf den Matten auf dem Boden rund um die Feuerstelle. Stühle haben nur die Reichen, die Bürgermeister und der Farao.
Es regnet selten in Ägypten. In den letzten Monaten ist es so heiß gewesen, dass Nefrus Mutter vorschlägt, einmal ans Meer zu ihrem Bruder zu fahren. Zu Nefrus Onkel und Tante und ihrer Cousine Nogi, mit der sie gerne spielt. Die Affenhitze im Dorf macht ihnen sehr zu schaffen. Wenn es sehr heiß ist, schlafen sie auf dem Flachdach. In den Häusern ist die Luft zu stickig.
In der Mitte des Dorfs steht ein Brunnen, mit einem Deckel drauf, damit es keinen Sand hineinweht. Dort holt Nefru das Trinkwasser. Oft bläst der heiße Wind aus der Wüste Sahara herüber. Man bekommt Sand zwischen die Zehen und sogar zwischen die Zähne, wenn man lacht. Dann knirscht es, und man lacht besser nicht.
© Hannes Stuber 2022-01-23