In einem anderen Universum

lebensstylist

von lebensstylist

Story

„Glaubst du das wirklich?“, wollte er von mir wissen. Er kannte meine Antwort bereits, doch er wollte sie trotzdem hören und ich musste es sagen, damit ich es auch meinen konnte. „Ja, das tue ich. Irgendwo, in einem anderen Universum sind wir beide glücklich. Wir sind zusammen. Doch solange wir in diesem einen Universum zusammen sind, können es hier und jetzt nicht sein“, meinte ich, was ich sagte. Dieser Gedanke, der nun kein Gedanke mehr war, da er von mir ausgesprochen wurde, war traurig. Aber es gab keine andere Erklärung dafür, warum wir nicht zusammen waren. „Alles, was wir uns vorstellen oder erträumen können, kann auch wahr werden. Wenn wir in unseren Träumen zusammen sein können, dann können wir das auch in der Realität. Wir wissen doch beide, dass wir füreinander bestimmt sind und zusammengehören“, versuchte er mich davon zu überzeugen, dass es für uns eine Chance im Hier und Jetzt gab, obwohl wir uns in einem anderen Universum unserem Frühling hingaben.

Behutsam griff er nach meiner Hand. Er elektrisierte mich mit jeder seiner Berührungen und es tat weh, zu wissen, dass diese Berührungen nicht mehr bedeuten durften, als sie es eh schon taten. „Wenn es uns bestimmt wäre, dass wir zusammengehören, dann wären wir bereits zusammen und nicht irgendwo dort draußen hinter dem Horizont“, erklärte ich ihm mit gesenkter Stimme. Er sah mir tief in die Augen, streichelte mit seinem Blick meine Seele. Ich zitterte. Nicht weil mir kalt war, sondern weil ich in seiner Gegenwart meinen Körper nicht kontrollieren konnte. Ich war machtlos. Ich war meinen Gefühlen ausgeliefert. Meine Lippen bebten, weil sie schon so lange von seinen geküsst werden wollten. Dieser Wunsch brannte auf meinen Lippen wie Feuer. Er wusste es, denn er hegte genau denselben Wunsch.

„Du berührst mich auf allen Ebenen. Du erreichst Ebenen in mir, von deren Existenz ich nicht einmal wusste. Das könntest du doch nicht, wenn wir nicht füreinander gemacht worden wären. Dann würdest du das doch nicht schaffen. Wie soll ich also glauben, dass es nicht so ist, wenn es doch genau so ist?“, wollte er mit Verzweiflung in der Stimme von mir wissen. Ich strich vorsichtig mit meinen Fingern über seinen Rücken, so als wollte ich die Verzweiflung von ihm abstreifen. Er rückte näher und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Ich spürte diese tiefe Verbundenheit zwischen uns. Ich spürte seinen Puls auf meinem. In diesem Augenblick mit diesen Augenblicken wollten wir beide etwas sagen, doch unsere Worte kollidierten. Wir lächelten beide, schüchtern, aber doch erwartungsvoll. Unsere Ängste und Zweifel prallten aufeinander, doch wir versuchen sie mit Hoffnung und Vertrauen wegzuschieben.

Mit Wehmut und Sehnsucht in meiner Stimme sagte ich zu ihm: „Die Vorstellung, dass wir in einem anderen Universum glücklich sind, muss uns für den Moment einfach reichen. Vielleicht trennen wir uns ja demnächst in diesem anderen Universum und können dann hier in der Realität zusammensein“.

© lebensstylist 2020-05-19