In Jamaika Marmelade essen

Tobi

von Tobi

Story

Ich sah sie zum erstem Mal in der Romanabteilung der benachbarten Buchhandlung. Wie ein gutes Buchcover konnte ich meine Augen nicht von ihr Wenden. Jede weitere Sekunde zeigte ein neues schönes Detail. Ich starrte wohl zu lange, denn sie gab mir einen Seitenblick. Aus Panik ließ ich mein Buch fallen und lief rot an, sie kicherte hörbar. Schnell griff ich nach dem Buch, legte es zurück auf den Stapel der Mängelexemplare und verließ die Buchhandlung. »Ich hätte sie wenigstens nach ihrem Namen fragen können«, sagte ich mir mehrfach in den darauffolgenden Tagen. Eine Woche später ungefähr zur selben Zeit durchwühlte ich erneut den Stapel der reduzierten Bücher. Mit dem Blick zur Straße sah ich jeden Kunden den Laden betreten. Nach einigen Minuten konnte ich meinen Augen nicht trauen, sie kam wieder. Ihre Locken schwebten in der Luft und gleichzeitig verbreitete sich ein süßlicher Duft. Sie bemerkte mich und grinste. Wahrscheinlich war ich in dem Moment wieder so Rot wie ein Stoppschild, aber es störte mich nicht. Sie ging weiter in die Romanabteilung und ich zum Regal der Bestseller, natürlich nicht, weil ich dort etwas suchte, sondern nur um ihr näher zu sein und meinen Mut zu fassen. Sie stöberte vor den Liebesromanen während ich mit meinen Beinen kämpfte. Das Herz am Pochen und mit weichen knien schaffte ich es endlich nach einigen Minuten mich ebenfalls zu den Liebesromanen zu stellen, doch mein Mund funktionierte nicht, weswegen ich erneut so tat als würde ich ein bestimmtes Buch suchen. Sie kicherte und fragte: »Kann ich dir irgendwie helfen?«. Ich verstummte. Ihre blauen Augen und ihr Lächeln brachten mich noch mehr aus dem Konzept. In ihrer rechten Hand hielt sie ein Buch welches sie mit ihren Fingern ab und zu antippte. Ich nickte und sie wartete auf meine Frage. Ich zwickte mir einmal an den Oberschenkel und fragte sie nach ihrem Namen. Sie war überrascht. Mein Herz sank auf den Boden. Sie überlegte, wendete sich wortlos von mir und legte das Buch auf den Stapel der reduzierten Bücher. Erleichterung und Enttäuschung mixten sich in eine komische Gemütslage. Gerade als sie den Ausgang betrat und ich meinen Blick von ihr wendete, rief sie: »Nächste Woche, gleiche Uhrzeit«. Das Zwinkern am Ende ihres Satzes brachte mein Herz wieder zur richtigen Position. Fast schon taub torkelte ich zu dem Stapel, auf dem sie ihr Buch abgelegt hatte und schaute mir das Exemplar an.

Selbe Zeit, eine Woche später. »War das ein Date?«, fragte ich mich öfters. Ich hoffte einfach nur das sie erscheinen würde, und das tat sie. Wir trafen uns vor dem Bücherladen, entschieden uns jedoch zu einem Café zu gehen. Wir teilten uns ein Stück Buttercremetorte und sie trank einen Espresso. Nervös holte ich etwas aus meiner Tasche. »Hier, für dich«, sagte ich und gab ihr zitternd das zurückgelegte Buch. »Ich hab gesehen, also du hast dich dafür interessiert, bevor ich dich angequatscht habe«, fügte ich hinzu. Sie lachte laut und bedankte sich, dann griff sie in ihre Tasche und gab mir ebenfalls ein Buch. »Das hast du doch fallen lassen, oder? Ist recht spannend nur das Ende ist komisch« Ich war sprachlos für eine Minute. Statt mich zu bedanken, fragte ich sie, ob wir uns nochmal Treffen würden, und was sie unternehmen möchte. »Ich würde…«, fing sie an und überlegte, »In Jamaika Marmelade essen« Mein Lächeln wurde immer größer, ihres ebenfalls.

© Tobi 2023-08-31

Genres
Anthologien