von Ulrike Sammer
Riesige Holzgestelle empfingen uns in Henningsvoer, einem Fischerdorf. Hier wurde aus Kabeljau Stockfisch gemacht.Stockfisch ist durch Lufttrocknung haltbar gemachter Fisch – vor allem Kabeljau. Vor der Trocknung werden die Köpfe und Eingeweide der Fische entfernt. Beim Stockfisch werden die Fische paarweise an den Schwanzflossen zusammengebunden und zum Trocknen auf Holzgestelle gehängt. Neuere Forschungen ergaben, dass diese Konservierungsmethode ab dem 8. Jahrhundert in Nordnorwegen praktiziert wurde. Bisher wurde angenommen, dass dies erst ab dem 13. Jahrhundert geschah. Der nach der gleichen Methode hergestellte Klippfisch, ist vom Stockfisch zu unterscheiden: Klippfisch wird vor der Trocknung stark gesalzen, Stockfisch wird ausschließlich getrocknet. Stock- und Klippfisch waren ursprünglich ein sogenanntes „Arme-Leute-Essen“, da Kabeljau in ausreichender Menge gefangen wurde. Stockfisch diente in früheren Zeiten der massenhaften Versorgung von Schiffsmannschaften und Soldatenheeren. Als die Eroberung Amerikas die Versorgung der Schiffsbesatzungen mit unverderblichen Lebensmitteln erforderlich machte, besann man sich auf die lange bekannte Tradition der Lufttrocknung. Da für die Seefahrt sehr viel dieser Nahrungsmittel hergestellt wurde, fand der Stockfisch auch weite Verbreitung in vielen Ländern, wo Fisch kaum bekannt war, da man ihn vorher nicht transportieren konnte. Eine weitere Bedeutung kam dem Stockfisch als beliebte Fastenspeise im Mittelalter zu. Die Esskultur im Mittelalter war nachhaltig von der Verwendung dieses Fisches geprägt. Vor allem die inländische Bevölkerung fernab fischreicher Gewässer war stark am leicht konservierbaren Fisch interessiert. So nahm auch der Handel mit Stockfisch einen wichtigen Teil im Hanseatischen Handelsvolumen ein.
In den Jahren, in denen wir in Brasilien lebten, lernte ich den Stockfisch, der dort Bacalhau genannt wird, kennen. Ich wusste allerdings nicht, dass er von so weit herkommt. Er kann zwar auch roh gegessen werden, meist wird er aber in Eintöpfen zubereitet und muss tagelang gewässert werden.
Nach diesem geruchsintensiven Erlebnis fuhren wir zu einem funkelnagelneuen Wikingermuseum. Hier wurden ein Wikingerlanghaus und ein Wikingerschiff gefunden bzw. nachgebaut.
Durch einen unterirdischen Tunnel unter einem Fjord gelangten wir nach Nusfjord, einem Fischerdorf auf einer der Hauptinseln des Lofotenarchipels. Der Ort gehörte zu den norwegischen Pilotprojekten für das europäische Denkmalschutzjahr 1975. Das Dorf Nusfjord kann heute in den Sommermonaten als Freilichtmuseum besichtigt werden. Nusfjord verfügt über einen natürlichen Hafen. Wegen der räumlichen Enge wurde das Dorf unter anderem auf malerischen Holzstegen errichtet. Der historisch erhaltene Teil des Dorfes besteht aus roten, weißen und ockerfarbenen Holzhäusern, die fast wie ein Spielzeugdorf aussehen.
© Ulrike Sammer 2021-11-17