Womit fange ich an, wo ich doch noch mittendrin stecke? Ja mitten drin, aber mit Silberstreif am Horizont, oder nicht oder wohl oder doch … Nichts ist mehr so wie es einmal war und auch wir sind nicht mehr die, die wir um „viertel nach Corona“ einmal waren. Vielleicht ist genau das gut und richtig, der Weg ist das Ziel, so sagt man. Manchmal jedoch habe ich den Eindruck, dass nicht ich mich auf den Weg mache, sondern, dass irgendjemand mir einen riesigen Elefantenhaufen mitten auf diesen Weg gemacht hat, auf meinen Weg, der doch eigentlich das Ziel sein soll, nach dann, egal, irgendwann löst sich jedes Rätsel auf, oder kommt mit einem neuen noch größerem Rätsel um die Ecke. Diese Sätze stammen vom 30.1.2023 und da war ich noch mitten drin, in der zweiten Insolvenz meines Lebens und diesmal sollte es meine große Liebe, mein Herzensprojekt treffen, das wunderschöne, magische, zauberhaft, Herzen berührende Varieté Theater Pegasus in Bensheim treffen, nein, hatte es schon getroffen, der Insolvenzverwalter war gerade da und hatte positiv mit mir und den noch verbliebenen Mitarbeiterinnen gesprochen. Auch die Zeitungen hatten schon darüber berichtet, ja das Pegasus war ja keine Unbekannte, die Alte Gerberei war 1996 mit viel Liebe, der in die Varietékunst verliebten Seele und dem Geld von Ben Köhler zu einem magischen Ort gestaltet worden. Das Ambiente, zauberhaft und das mitten in der Provinz, ja Bensheim hatte nur knapp über 40.000 Einwohner, da war es schon außergewöhnlich, dass jemand auf die Idee kam, ein richtiges Varieté Theater in eine alte Gerberei hineinzubauen. Aber Ben Köhler war ein Mann mit einer Vision und so wurde diese städtische Immobilie zum Varieté Pegasus. In der Zeit von 1996 bis 2005 erlebt das geflügelte Musenpferd einen bunten Reigen von internationalen Varieté-Künstlern, die zu Gast in Bensheim waren, auch die Gastronomie des Hauses wurde auf einem sehr guten Niveau geführt, aber dann setzten fiskalische Schwierigkeiten all dem ein Ende und der Traum des Erbauers fand ein jähes Ende. Es gab noch einen weiteren Versuch, der aber so kurz war, dass er nicht weiter erwähnenswert sein dürfte. In 2006 dann nahm sich Thomas Richter, der Sohn des bekannten Schauspieler Hans-Richters sich des Hauses an. Da er die Festspiele in Heppenheim von seinem Vater übernommen hatte, war es sein Wunsch, dieses Haus möge durch diese Synergien als Selbstläufer nach vorne kommen. Es gab zwei wunderschöne Shows und dann, ja dann, dann kamen wir. Wir das waren damals mein Geschäftspartner Thorsten Dewald, Tontechniker, Musiker, Komponist und Funkspotproduzent und ich, Heike Grammbitter, Werbekauffrau, Sängerin, Funkspotproduzentin und Eventmanagerin. Unsere Erfolge (ARD Creativ Award, 2 RAMSES und diverse andre Auszeichnungen) hatten wir mit der bundesweit ausgestrahlten Hörfunkkampagne „Mach’s mit, Kondome schützen – Gib AIDS keine Chance“ der BZgA errungen. Events hatten wir bisher immer in anderen Locations ausgerichtet. Zwischen dieser Übernahme des Varietés und der zweiten Insolvenz meines Lebens lagen noch einige mega turbulente Jahre, die es verdient haben, etwas ausführlicher gewürdigt zu werden. Am besagten Montag, den 30.1.2023, stand ich nun mitten auf dem Weg und blickte auf besagten Elefantenhaufen und hatte nicht wirklich eine zündende Idee zur Hand.
© Heike Grammbitter 2024-02-21