Irgendwie unerwartet

Claudia Dabringer

von Claudia Dabringer

Story
Salzburg

Es war ein warmer, österreichischer Sommernachmittag in einem Café am Fluss. Mein Partner Rew und ich hatten uns gerade durch Myriaden von Menschen eines Marktes gepflügt und ein langes Kleid für mich gekauft. Eines, das Frau am besten ohne BH trägt, aber auch mit 56? Rew nickte und half dabei, das Kleid im Rücken festzuzurren, damit alles an seinem Platz bleibt und nicht beim nächsten Bücken aus der Fasson gerät. Dann lehnt er sich zurück und betrachtete mich mit einem Lächeln. „Würdest Du mich heiraten?“ fragte er mich. Und ohne groß nachzudenken, sagte ich „ja“. Manche Dinge fühlen sich sofort richtig an, und diese Frage gehörte zu diesen Dingen.

Sowohl die Frage als auch meine Antwort kamen unerwartet für mich. Jahrzehntelang hatte ich mich geweigert, die Ehe als einen Zustand anzuerkennen, in den ich geraten wollte. Ich glaubte mehr an Partnerschaften, die freiwillig eingegangen wurden und freiwillig aufrechterhalten wurden, ohne offiziellen Schein, ohne Zeugen, ohne gesellschaftlichen Druck. Meine These war: Wenn man sich nicht verpflichtet, bemüht man sich mehr um das Gegenüber und die Partnerschaft. Diese Einstellung hatte mir die Erfahrung einer 18jährigen Beziehung gebracht, in der ich drei junge Menschen ins Erwachsenenalter begleiten durfte. Meine Oma pflegte zu sagen: „Das ist länger als manche Ehe hält.“ Darauf war ich stolz. Und ich bin es noch heute, weil wir es selbst nach der Trennung geschafft haben, eine Familie zu bleiben und sie sogar noch zu erweitern. Doch dazu später mehr.

An diesem Sommernachmittag am Fluss wussten Rew und ich nicht viel mehr, als dass wir unser Leben gemeinsam gestaltet wollten. Doch wie sollte das gehen? Er lebte in Kapstadt/Südafrika, ich in Salzburg. Seine beiden Kinder lebten dort, fünf Tage der Woche pendelte er von einem Vorort am Meer ins Zentrum der „Mother City“ zur Arbeit. Ich lebte und arbeitete 9.000 Kilometer entfernt von ihm und meine Eltern waren 80plus. Für mich war es keine Option, nach Kapstadt zu übersiedeln. Doch der Freigeist in mir war gewillt, eine Ehe der neuen Art zu führen, auf zwei Kontinenten, mit vielen Flugkilometern und noch mehr Liebe. Sie überwindet bekanntlich alles und motiviert zu den scheinbar unmöglichsten Unternehmungen.

Wir hatten nichts festgelegt, als Rew wieder in den Flieger nach Kapstadt flog. Kein Hochzeitsdatum, kein Modell, wie die Ehe praktisch funktionieren würde. Für mich begann mit seiner Abreise eine Zeit der Selbstreflexion. Ich wollte von mir selber wissen, warum ich plötzlich heiraten wollte. Und ich wusste, dass ich Antworten auf diese Frage brauchte, wenn ich den Menschen die Neuigkeit erzählen wollte, die meinem Herzen nahe stehen.






© Claudia Dabringer 2025-05-18

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