von Christian Kleber
Die knappen vier Kilometer sind diesmal einfach, das Wasser teilweise nur knietief, was willst da machen, musst quasi gehen, haben alle so gemacht, hat ein bisschen ausgesehen wie frĂŒher, also ganz frĂŒher, die Armeen, die sich gegenĂŒbergestanden sind und dann angefangen haben aufeinander zuzugehen. Zumindest stell ich mir das so vor. Dann endlich aufs Rad, Lieblingsdisziplin, schöne Zeitfahrposition, Markus, der ansonsten unter dem Pseudonym âder braungebrannte Hansâ auftaucht, immer in meiner NĂ€he, einmal ganz korrekt zehn oder mehr Meter vor mir, einmal zehn oder mehr Meter hinter mir. Nach 45 Kilometern dann kurz Wiegetritt, es geht super voran, mit weit ĂŒber 40 knallen wir ĂŒber den Asphalt. Und ich in dieser Sekunde AUF den Asphalt. Keine Ahnung, warum sich die Kette ausgerechnet dann entschlieĂt, vom groĂen Kettenblatt zu springen, wenn ich im Stehen fahre und voll antrete. Da liege ich nun und sehe schon das Licht am Ende des Tunnels, sauschlecht, Riesendippel am Oberschenkel, mindestens Fraktur zehnten, wenn nicht zwölften Grades. Markus wirft sein Rad in den StraĂengraben, pfeifÂŽ auf den Ironman, hĂ€lt ein Auto an, dann kommt auch schon die Rettung. Sterben muss ich nicht, sag ich, fahr weiter, Junge, und Markus fĂ€hrt, ich auch, ins Krankenhaus in die Nachbarortschaft. Dort werde ich vollgepumpt mit Schmerzmitteln, zu meinem leicht enttĂ€uschten Erstaunen ist nicht einmal etwas gebrochen, eine halbe Stunde spĂ€ter sitze ich schon wieder neben der Wechselzone, leicht benebelt oder eher völlig daneben von den zahlreichen Stimmungsverwirrern, und sehe meiner Freundin zu, wie sie ein Bier nach dem anderen kippt. Dabei soll sie doch gleich den Marathon rennen – in der Staffel mit den beiden Professionellen. Kurzerhand melden wir um, ICH laufe den Marathon, Silke, die Ărztin ist und weiĂ, was sie tut, trinkt weiter. Schon braust Michael heran, in FĂŒhrung liegend, ĂŒbergibt mir den Chip und ich renne los wie von der Tarantel gestochen. Michael sieht schlecht, denkt sich, hui, heute lĂ€uft die Ărztin aber flott los, ich denkÂŽ mir, hui, ob die fĂŒnf Minuten Vorsprung reichen, erste Runde geht super, auf der zweiten kommt mir Markus, der in seiner ersten Runde ist, entgegen. Und denkt an eine Fata Morgana, gut, es ist heiĂ, weit ĂŒber dreiĂig Grad, und nach 3,8 Schwimmen oder eher Seewandern, 180 Rad fahren und etwa 10 Laufen bis dahin kann man schon zu fantasieren beginnen, aber nein, das bin wirklich ich, der Markus da entgegenlĂ€uft. Nix Spital. Nix Knochenbruch. Bin ja kein Weichei. Dann geht alles ganz schnell. Nach knappen 20 Laufkilometern lassen die Schmerzmittel nach, ich fange an zu wanken, stĂŒrze und bleibe exakt zu Beginn der dritten Laufrunde am Boden liegen. Noch bin ich Erster, noch sind wir Erste. In FĂŒhrung liegend – und zwar im wahrsten Sinne – werde ich ins Zeltlazarett getragen. Silke liegt ebenfalls bereits am Boden, Michael und Lisa, die beiden anderen Staffelteilnehmer, reden ein Jahr lang nichts mit unsâŠ
© Christian Kleber 2022-02-14