Mit welchem Enthusiasmus habe ich hier zu schreiben begonnen. Es tat mir so gut. Konnte mir alles von der Seele schreiben. Corona hat es wahrscheinlich noch begĂŒnstigt. Wir alle waren im Lockdown. Isoliert. Auf uns selbst zurĂŒckgeworfen. Habe sehr viel von mir preisgegeben. Vielleicht zu viel. Das ist ok. Bereue es nicht. Wir alle hier auf story one geben viel preis. Das finde ich auch gut. Wertvoll. Gedanken, GefĂŒhle, Ăngste, Bedenken, Hoffnungen, und was uns alles in unserem Leben bewegt zu teilen. Wir alle hier auf story one kennen uns meistens persönlich nicht. Aber wir teilen so viel miteinander. Das hat mich von Anfang an fasziniert, mir hat es immer gutgetan. Ăhnliche Erfahrungen und Schicksale auszutauschen. Wie gerne wĂŒrde ich viele von Euch persönlich kennenlernen. Seit ich auf story one schreibe habe ich sehr viel zurĂŒckbekommen. An MitgefĂŒhl, Anteilnahme, gut gemeinten RatschlĂ€gen, auch Kritik. Ja ich werde weiter schreiben, wenngleich ich auch erfahren habe, dass ich Menschen zu nahe getreten bin. Es war nie böse Absicht dahinter. Sondern die Ohnmacht, das persönliche GesprĂ€ch verloren zu haben. Ich habe ĂŒber meine Herkunftsfamilie geschrieben. Meinen zutiefst und subjektiven GefĂŒhlen, der Ablehnung, das nicht mehr gehört zu werden, keine Rolle mehr zu spielen, ja der Grund waren seelische Schmerzen, die ich nicht mehr auflösen konnte. Die mich heute noch belasten, schwer auf mir liegen.
Zum Titel Irritation. Ja. Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, ich gebe zu viel preis. Vielleicht habe ich auch ĂŒber das Ziel hinausgeschossen. Wollte niemanden zu nahe treten. Wollte niemanden verletzen. Aber ich musste so viel loswerden. Zu viel staute sich in meiner Seele auf. Dieser Druck war nicht mehr auszuhalten.
Ja, so ist es. Wenn man seine Wurzeln verliert – eine meiner ersten Geschichten – das tut richtig weh. Leider habe ich keine Lösung gefunden. Diese Wurzeln wiederzufinden.
Wie auch immer, ich hege keinen Groll gegen all jene Menschen, die mir einmal sehr nahe gestanden sind. Und sie werden immer in meinem Herzen sein. Aber ich habe keine Kraft mehr auf sie zuzugehen. Diese Kraft habe ich verloren.
Das ist meine Irritation. Nicht mehr zu wissen wie ich mich verhalten soll, was ich tun soll, âŠ. das lastet sehr auf mir. Diese Ohnmacht. Ja, Ohnmacht, nur mehr so kann ich es beschreiben. Ein lĂ€hmendes GefĂŒhl.
Ich werde trotzdem nach vorne schauen, welch Widrigkeiten sich in meinem Leben noch in den Weg stellen. So oft ich hingefallen bin, so oft bin ich wieder aufgestanden. Darauf bin ich stolz. Und ich glaube immer noch an das Gute im Leben.
© Walter Tiefenbacher 2021-07-22