von Christinaki
In der gängigen Meinung ja, doch mir sind zwei so liebenswürdige Geschichten untergekommen, die einen Zweifel offen lassen.
In Vassilikos hatten wir einen Nachbarn, fanatischer Kleptomane, unterdurchschnittlich klein, dürr, leise. Mavrantzis war wiederum das Gegenteil, und er hatte die praktische Angewohnheit, ständig was zu bauen oder auszubessern, dabei alles, Werkzeuge, neue WC-Muscheln etc., herumliegen zu lassen. Nach und nach verschwand dies alles. Als ich Mavrantzis fragte wohin, meinte er, das klaut der Nachbar. Aufregung meinerseits, gute Antwort seinerseits, „er passt besser drauf auf als ich, ordnet es, wenn ich was brauche, hol ich mir` s zurück.“ Die zwei Männer verloren auch nie ein Wort über ihr geheimes Abkommen, doch dann starb Nachbar Spiros, seither liegt noch mehr herum.
Die zweite Kleptomanin, die ich gut kenne, war meine “ Tante Rosi“, tragische Jugend , beide Eltern Alkoholiker, stark kurzsichtig von klein auf, deshalb in der Volksschule ohne Brille als Trottel abgestempelt, aufgewachsen als Ziehtochter bei meinen Urgroßeltern. Als sie später meine Eltern häufig besuchte, klaute sie zuvor eine Menge Spielsachen und brachte sie uns Kindern mit, leider durften wir diese nie annehmen. Meine Mutter fragte sie einmal taktvoll, wie`s mit ihrem Leiden ginge, Leiden ? Nein, Leiden hatte sie keines, sie war wohl der Meinung, leiden würden die anderen. Als mein Vater noch recht jung starb, Rosi schon dement, fragte sie, ob sie ihn gestohlen hätten.
Onkel Mavrikios ist eine weitere liebenswürdige Persönlichkeit, klein, unheimlich dick, zwei dürre Beinchen trugen ihn, auffallend breiter Oberkörper und ziemlich hässliches Gesicht. Man könnte sagen DIE Personifikation des Biests von „die Schöne und das Biest“. Und genauso wie im Märchen steckte ein liebenswürdiger Mensch darin. Er wohnte oft monatelang bei Mavrantzis, denn sie waren fast wie Brüder, seine Mutter, Opernsängerin, war bei seiner Geburt gestorben.
Zwei göttliche Szenen mit ihm blieben in Erinnerung. Mavrikios war im Sommer ständig zu heiß, also hielt er sein Mittagsschläfchen im Auto mit voll laufender Klimaanlage. Meine Tochter und ich bekamen einen Riesenschreck, als wir vorbeigingen, wir dachten Ohnmacht oder Tod, aber am lauten Schnarchen wussten wir, alles gut. Eines seiner Lieblingsworte war “ err condision“.
Zu seinem Auto hatte er überhaupt eine enge Beziehung, kaum angekommen , nach der Reise von Athen nach Zakynthos, wurde es liebevoll , viele Arien singend, tagelang poliert. Ebenso göttlich waren die Nächte im Landhaus, als es noch stand und nicht einer Riesenbaustelle gewichen war. Man wachte mitten in der Nacht auf und dachte, ein Wildschwein oder etwas ähnlich Großes versuchte ein Loch in die Mauern zu graben, doch es war nur Onkel Mavrikios, den es juckte und der sich mit dem Rücken an der Wand rieb.
© Christinaki 2020-05-05