von NiniTahini
Er hat einige der Süßigkeiten gleich verkostet und für gut befunden. Darum schmeißt er sie in einen Sack und stellt diesen gemeinsam mit der Torte schon mal in den Vorraum. Zufrieden verschwindet er wieder im Obergeschoß und macht die Dusche an. Nachdem er sich in rekordverdächtiger Zeit fertiggemacht hat, schreit er ihnen noch ein gutgelauntes „Tschüss!“ entgegen und marschiert Richtung Auto, um loszufahren. Seine gute Laune möchte ich haben, denkt sich Sabine. Aber er darf auch zum weihnachtlichen Umtrunk mit Torte, während ich hier versuche, dem Chaos Herr zu werden.
Mmmh, Torte! Sabine stellt sich und ihrem Vater zumindest ein paar Süßigkeiten hin und beginnt ihm dann nochmal zu erklären, dass das Abendessen nur vegane Ente heißt und in Wirklichkeit nichts mit dem Fleisch einer Ente zu tun hat, sondern nur aus Soja besteht.
„Papa, wir essen doch schon ewig kein Fleisch mehr. Wie kommst du denn auf solche Ideen?“
„Ich wollte doch nur helfen. Kennt sich ja kein Mensch aus mit euren Begriffen. Ente aus Soja, davon habe ich ja noch nie gehört. Ich habe schon mit meinem Stammtisch gerätselt, wie ich denn am besten sicherstellen kann, dass ich zu einer veganen Ente komme. Zuerst haben sie sich noch alle darüber lustig gemacht, aber nach ein paar Bieren und sehr abenteuerlichen Ideen sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass ich nur bei eigenen Enten genau weiß, was sie gegessen haben. Darum habe ich welche gekauft. Deine Mama hat mich zuerst für verrückt erklärt, warum ich ihr Enten anschleppe, aber dann hat sie sich schnell verliebt in die beiden. Ernie und Bert hat sie ihre Lieblinge getauft. Und ich habe mir noch gedacht, ich will dir zwar bei deinem Essen helfen, aber das verzeiht Mama uns nie, wenn wir einen der beiden essen. Gut, dass es jetzt doch nur Soja-Ente gibt.“
Sabine lächelt ihren Vater an, er hat es ja nur gut gemeint. Lieb, dass er sich einbringen möchte und sich so um sie kümmert. Während sich die beiden Süßigkeiten und Kaffee schmecken lassen, läutet es wieder an der Tür. Heute scheint ja hier Hochbetrieb zu sein. Sabines Sohn hüpft gerade die Treppen herab und ruft ihr zu, dass er aufmacht. Von der Küche aus hört sie aufgebrachtes Gerede und wundert sich, was da los ist. Im nächsten Moment springt ihre Mutter schon zur Küche herein.
„Da bist du ja, Gustl. Bist du denn verrückt geworden? Du entführst meinen Ernie und bringst ihn her, damit wir ihn heute Abend essen? Was hast du dir dabei gedacht? Du schenkst mir zwei Enten und dann nimmst du sie mir wieder weg?“
„Seit wann hast du Enten, Oma?“, fragt der Junge neugierig, während er im Türrahmen steht.
„Ich habe der Oma die Enten doch nur zum Füttern gebracht. Die waren von Anfang an für heute Abend gedacht.“
„Lass ja die Finger von meinen Enten. Wo ist Ernie? Habt ihr ihm schon etwas angetan? Bine, dass du bei so etwas mitmachst. Schämst du dich denn gar nicht?“
© NiniTahini 2022-04-08