Niemand fand heraus, dass ihre Tode meine Schuld war.
Oder zu mindestens konnte ich schnell genug die Flucht ergreifen. „Die Frage ist, was mit dir so falsch ist, nicht was an ihr so perfekt ist.“ Hugh. Dieser Kerl… Was sollte das bitte heißen? Gut, dass ich ihn gleich hinterher ebenfalls getötet habe. Danach bin sofort auf die andere Seite von Großbritannien gezogen. Das Ganze war jetzt zwei Jahre her und inzwischen hatte ich erneut geheiratet. Sein Name war Aelfred Seymour. Ein reicher Mann mit einer besonderen Liebe zu Autos. Er hatte ein strahlendes Lächeln, paradiesische Augen, goldene perfekte Haare mit einem kleinen Rotstich. Er war perfekt. Äußerlich. Innerlich hatte er zwei Seiten. Eine war wirklich charmant, fürsorglich, begeistert am Leben und leidenschaftlich. Die Andere jedoch war sehr eifersüchtig, materialistisch, ehrgeizig und einfach nur unerträglich eingebildet. Natürlich zeigte er mir zuerst die nette Seite. Wir lernten uns in Paris kennen. Spontan setzten wir unseren Urlaub quer durch Europa zusammen fort. In Kiew machte er mir dann den Antrag. Es war wundervoll bis wir in unsere Traumvilla zogen. Immer mehr zeigte sich die andere Seite. Zudem begann er damit mich mit anderen, vergebenen Frauen zu betrügen. Unsere Ehe war miserabel, doch behielten wir beide Gute-Miene dazu. Schließlich waren wir beide Wölfe im Schafspelz. Mein liebstes Auto aus seiner Sammlung war der dunkelrote BMW 328 aus dem Jahr 1936. Etwas Retro, doch gerade das hatte auch seinen Charme. Ich liebte seine Farbe. Blutrot. Aus der letzten Zeit hatte Aelfred mal wieder etwas gutzumachen, deswegen lud er mich auf Lunch und eine anschließende Spritztour mit genau diesem Auto ein. So war er. Es erst ruinieren, dann die Wiedergutmachung und im Anschluss so tun, als ob nie etwas passiert wäre. Das Essen war wirklich grandios. Natürlich spielte ich ihm noch immer das naive Weib vor und ließ ihm in dem Glauben, dass diese Dinge irgendwas ändern würden. Selbstverständlich war ich sauer, dass er mich zum Narren hielt. Indem er mich immer wieder betrog, machte er meinen Stolz zunichte und verschmähte mich. Inzwischen schämte ich mich, ihn als mein Ehemann vorzustellen, denn jeder wusste Bescheid, was er hinter verschlossenen Türen trieb. Und mit wem. Doch ich duldete es, um diese zwischenzeitlichen Aufmerksamkeiten abzustauben und zu genießen. Ich trug ein weißes Bohokleid. Das zusammen mit dem weißen Sonnenhut perfekt mit meiner hellen Porzellanhaut und den blonden Wellen meiner Haare verschmolz. Den einzigsten Akzent bildete meine Sonnenbrille in Verbindung mit den verführerisch roten Lippen. Der Fahrtwind ließ meine Puffärmel hin und her wippen und auch einige Haarsträhnen verloren sich in ihm. Wir waren bei 125 km/h. Mitten auf einer Landstraße. Einsam und allein. Um uns rum nichts als Felder. „Willst du auch mal fahren?“, fragte Aelfred und lächelte mich an. Freudig nickend, schlüpfte ich in die Rolle der lieben Ehefrau. Er fuhr auf einen Trainingsplatz für Rennfahrer und hielt dort. Vor einer Weile hatte er mir berichtet, dass wir exklusiv dazu Zugang hatten. Da ich keinen Führerschein hatte, fuhr ich nur auf diesem Gelände ab und zu. Ich setzte mich auf den Fahrersitz und Aelfred stieg aus, um mich von Außen zu beobachten. Da wusste er allerdings noch nicht, dass das für ihn gefährlich werden könnte…
© Holly-Anne-Hepster 2023-08-28