„Jack die Bärenklaue“

Klaus Schedler

von Klaus Schedler

Story

„Lesen bildet!“ Naja, grundsätzlich mag das schon stimmen, doch ist es nicht egal, was man liest. Nein, jetzt folgt keine Schmähung des „niveaulosen Boulevards“, sondern es geht um Kinder- und Jugendliteratur. Wie habe ich meinen um 5 Jahre älteren Bruder beneidet, weil der bereits alle drei Kalle Blomquist Detektivgeschichten hatte, während ich noch immer auf Pixi-Buch Level mit „Häschen Prosit wird durch Schaden klug“ dahingrundelte. Klar begann ich heimlich in den Büchern meines Bruders zu lesen, doch der „Kalle“ stellte sich bei mir eher als Enttäuschung heraus. Ein Buch dort aber war allein schon wegen des Titelbildes (s.o.) besonders faszinierend: „Jack die Bärenklaue“ von Major von Krusow. Es hatte eigentlich meinem Vater gehört und in meiner Vorstellung galt es, hier den Schatz an Jugendphantasien mit Trappern, Indianern Grizzlybären etc. zu heben.

Das allerdings war für mich als Lese-Anfänger keineswegs einfach. Und hier nun hatte ich ein Buch „mit sieben Siegeln“ denn es war schließlich in Fraktur gesetzt. Trotzdem machte ich mich an die Arbeit und nach und nach ging es immer besser. Inhaltlich blieb mir das Buch nichts schuldig, will sagen: Meine Erwartungen wurden zu 100 Prozent erfüllt. Maßstäbe wie „Political Correctness“ sollten hier nicht angelegt werden, doch da gibt es auch noch andere wie etwa Karl May oder auch meine absoluten Lieblinge darunter Cooper mit den Lederstrumpf-Romanen oder später gar Schnabel mit seiner „Insel Felsenburg“. Fürs Erste aber erwiesen sich die alten Jugendbücher meines Vaters als unerschöpfliche Quelle phantastischer Abenteuer, wenn es auch heute problematisch ist, allzu zu viel von Salgaris „Robbenfänger der Baffin Bai“ zu schwärmen. Fraktur-Schrift beherrschte ich also schon vor meinem 10. Lebensjahr und was ich mir da inhaltlich einsog, hat hoffentlich meiner Entwicklung nicht allzu sehr geschadet.

Warum aber wurde damals im deutschen Sprachraum mit „Fraktur“ oder „Gotisch“ eine Schrift verwendet, die sich so markant vom bspw. französischen oder angloamerikanischen Sprachraum unterschied? Zunächst werden rein historische Entwicklungsunterschiede hierfür ins Treffen zu führen sein, doch entstand mit der Entstehung des nationalstaatlichen Bewusstseins in Deutschland auch ein Selbstbewusstsein, dass eben diese Schrift gleichsam als „urteutsch“ zu gelten habe. Interessanterweise soll es ausgerechnet NS-Propagandaminister Goebbels gewesen sein, der diese Schrift ablehnte, weil sie ihm (wohl aufgrund ihrer leichten Ähnlichkeit mit der hebräischen Schrift) zu jüdisch erschien. Tatsächlich erfolgte 1941 beim Völkischen Beobachter eine Umstellung der verwendeten Schrifttype.

Das Buch „Jack die Bärenklaue“ befindet sich jetzt in meinem Besitz. Auch als Student hab ich es immer wieder gelesen, um mich namentlich vor wichtigen Prüfungen zu entspannen und auf andere Gedanken zu kommen. Mir hat es jedenfalls geholfen.

© Klaus Schedler 2019-04-11

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