Jack‘s Angel

Story

Eine glockenhelle Stimme, ein bezauberndes LĂ€cheln, blonde schulterlange Haare – Claudia Pohl war der stimmliche und optische Mittelpunkt der Folkband Jack‘s Angels. Sie war in der Tat der Prototyp eines Engels, was man von ihren Kollegen Christoph Oberhuber und Herbert Wegscheider, zwei schlecht rasierten BrillentrĂ€gern mit Kurzhaarfrisur, nicht unbedingt behaupten konnte. Hinter „Jack“ stand der austro-kanadische Singer-Songwriter Jack Grunsky, ein gebĂŒrtiger Grazer, der 1966 nach dem High School-Abschluss von Toronto in seine alte Heimat zurĂŒckgekehrt war, um in Linz und Wien Kunst zu studieren und Musik zu machen.

Mit seinen drei Engeln schuf er die österreichische Antwort auf die US-amerikanischen Folkgiganten Peter, Paul and Mary. Entstanden war der Name Jack‘s Angels aus einer Laune heraus wĂ€hrend einer Besprechung bei der Plattenfirma Amadeo, eine Anspielung auf die amerikanische TV-Serie „Charlie‘s Angels“, die Jahre spĂ€ter im deutschsprachigen Fernsehen als „Drei Engel fĂŒr Charlie“ lief. Claudia, der singende Engel – die Presse hatte ihren AufhĂ€nger!

Nicht nur ihre Stimme, die den Sound von Jack‘s Angels entscheidend prĂ€gte, auch ihr LĂ€cheln bezauberte – vor allem die mĂ€nnlichen Fans. Unter den Bewunderern war der junge Alfred Winter, der spĂ€tere BegrĂŒnder der SZENE der Jugend. Nach einem Konzert im Salzburger Kongresshaus schuf er das PortrĂ€t, das als Titelbild dieser Geschichte zu sehen ist – Claudia als Flower Power-Girl. (Ja, zeichnen kann er auch, der Alfred!) Jack Grunsky hat ihr in dem Lied “Claudia Takes The Summerwind“ ein bleibendes musikalisches Denkmal gesetzt.

Als sich die Band trotz des großen Erfolges und vier LPs 1968 trennte – Christoph und Herbert wollten ihr Studium fortsetzen – startete Jack eine Solokarriere (Mehr in meiner Geschichte “Who the f
 is Jack Grunsky?”). Claudia Pohl ging nach MĂŒnchen, heiratete, heuerte – nun unter dem Namen Claudia Schwarz – bei den Les Humphries Singers an. Ihr Engel-Image hatte sie abgestreift, sie trug nun eine wilde rötliche MĂ€hne. Als Claudia Schwarz und unter dem KĂŒnstlernamen Claudia Field versuchte sie sich als SolokĂŒnstlerin. Noch in Erinnerung ist mir die Cover-Version von „You‘re so vain“ (im Original von Carly Simon), die auf Deutsch „So bist du“ hieß. Die erhoffte Karriere verlief im Sande. 1977 grĂŒndete sie mit zwei Kolleginnen „The Munich Voices“ und war 20 Jahre lang eine sehr gefragte BackgroundsĂ€ngerin. Sie stand fĂŒr Amanda Lear, Gitte Henning, Joy Fleming und Engelbert Humperdinck vorm Mikro.

Am 6. August 2021 starb Claudia, die an CODP litt, im 73. Lebensjahr in MĂŒnchen und wurde in ihrer Heimatstadt Linz beigesetzt. In Liedern wie „Our Fantasy‘s Kingdom“, „Ten Thousand Candles“ und „Ich hör‘ deine Schritte kommen“ lebt sie weiter.

Thank you for the music, Claudia!

Illustration: Alfred Winter (Mischtechnik)

© 2021-10-08

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