Jahresbilanz 2020

Man kann das Jahr halb voll oder halb leer sehen. Egal wie, fest steht: Das Jahr war ein Besonderes, aber kein Einzigartiges. Ein Jahrhundertereignis, wie alle in den 20er Jahren davor: 1720 die Pest, 1820 die Cholera, 1920 die spanische Grippe und zu guter Letzt 2020 der Corona-Virus. Verschwörungstheoretiker werden nicht müde zu beteuern, die Umweltzerstörung sei schuld an der Pandemie. Andere hingegen leugnen gar die Existenz des Virus und begründen die Maßnahmen der Regierung als Willkürakt und behaupten sie wäre Handlanger der großen Wirtschaftsbosse. Ich kann dem allen nichts abgewinnen.

Die Zeit jetzt ist eine andere als gewohnt. Wir können uns plötzlich nicht mehr frei bewegen und wahllos konsumieren. Der Begriff Freiheit gewinnt an Bedeutung. Wir wissen sie auf einmal zu schätzen. Freiheit ist nicht mehr selbstverständlich, wie sie auch die Generation vor uns erleben musste. Zeugen jener Zeit leben noch, Großväter, Großmütter, Tanten und Onkeln. Hatten diese jedoch keine geheizte Wohnung oder tägliche Nahrung.

Es ist ein Jahr der Ruhe. Dieser Ruhe verdankt mein Mann seine Gesundheit. Es wurde ein bösartiger Tumor festgestellt. Er hatte Glück, die Krankheit wurde rechtzeitig erkannt und schnellstens operiert. Ein gutes Jahr.

Wir haben uns durch den Stillstand und Ausgangsbeschränkungen besser kennengelernt, ohne von Urlaubsreisen, Einkäufen und Besuchern abgelenkt geworden zu sein. Wir sind näher zusammengerückt. Ein gutes Jahr.

Durch die plötzliche Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit haben wir festgestellt, wie wenig es braucht, um zufrieden zu sein.

Es ist ein Jahr der Brüche, Umbrüche und Erneuerungen. Was nicht zusammengehört zerbricht. Macht Platz für Neues. Es entstehen Chancen, an die man zuvor niemals gedacht hätte. Es liegt an uns, die Chancen zu ergreifen. Nicht immer erkennt man den Sinn der Veränderung sofort, aber er offenbart sich, wenn die Zeit dafür reif ist.