Jakobsbrunnen

Angela Buchegger

von Angela Buchegger

Story

»Ich überlege mir schon lange, ob ich nicht am Brunnen einen Münzautomaten errichten sollte, weil sich die Pilger ständig erlauben, ungefragt daraus Wasser zu entnehmen!«

Auweia, mein Herz rutscht mir gleich eine Etage tiefer vor Schreck und die verschluckten Wassertropfen ergießen sich beinahe zurück in den Brunnentrog, als ich diese Worte höre. Ich bemerkte gar nicht, dass plötzlich dieser streng dreinschauende Herr sich zu uns, an die heiß herbeigesehnte Wasserstelle, gesellte.

Nach der vorangegangenen Durststrecke war diese Wasserstelle, welche wie eine Fata Morgana am Rande des Wanderweges wartete, für meine Pilgerfreundinnen und mich der reinste himmlische Segen. Rechtzeitig ist er, wie aus dem Nichts, vor uns aufgetaucht. Ja, es wäre wirklich sehr anständig gewesen, zuerst zu fragen, ob man hier Wasser entnehmen darf, bevor man die Hände unter den plätschernden Wasserstrahl hält und aus der holen Hand gierig das köstliche Nass zu schlürfen beginnt. »Oh Entschuldigung, tut mir echt leid. Viel Glück weiterhin mit ihrer Wasserquelle. Möge sie gesegnet sein, damit sie hoffentlich nie versiegt!« Mehr fällt mir zu seiner Ansage nicht ein. Rasch wird eine kleine Brunnenspende hinterlegt bevor ich und meine Pilgerfreundinnen das Weite suchen. Durstig wie zuvor. Doch besser ist, wir gehen rasch. Am Ende ereilt uns sonst eine Besitzstörungsklage.

Ja, auch solche Erlebnisse bietet der Jakobsweg. Nicht nur positive. Ich denke auf dem weiteren Weg, auf dem ich jetzt durstig weiterwandere, gerne zurück an die vielen Brunnen, Quellen, Wasserstellen, Almbäche und kleinen Gerinne, welche bereitwillig ihr Wasser für meinen Durst lieferten. Dankbar befüllte ich an ihnen meine Wasserflasche und wanderte danach, so oft, voller neu gestärkter Energie des Weges.

Auf meinem Weg durch Österreich gab es viele, eigens für Pilger errichtete, Brunnen. Die Erinnerung an sie flattern in meinem Kopf und sie ist voller Dankbarkeit. So sehe ich vor meinem geistigen Auge den Mosesbrunnen im Stadtpark von Bärnbach, ich erinnere mich an den Pilgerbrunnen beim Hoiswirt in Modriach, den Dorfbrunnen im Freiland und viele kleine Wasserquellen, am Rand des Weges über die Koralm. Ich erinnere mich aber auch an den dürren Weg am Drauufer.

Und ich war vollgetankt mit Sommerlaune, die mich auf diesen weiten Pfaden einhüllte, um mir Flügel wachsen zu lassen, für die Millionen Schritte, welche vor mir lagen und mich den ersehnten Zielen immer näher bringen sollten. Genau die richtige Therapie, war ich doch so durstig in meiner Seele, als es zu Hause losging, um in Richtung Westen zu wandern. Immer den blaugelben Wegweisern folgend, die uns alle hinführen sollten in das gelobte Land, wo es so viele Pilgerinnen hinzieht und wo dieser Seelendurst dann ganz sicher endgültig gestillt sein wird. Doch inzwischen wird es ganz sicher noch genügend Durststrecken geben, welche eine Plage für den Körper sein werden, weil ihm das köstliche Nass fehlt.

© Angela Buchegger 2023-03-21

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