Jam-Session in drei Dimensionen – Ende

Mario Markovic

von Mario Markovic

Story

„Ich finde es wirklich schön, dass unsere gesamte Familie sich so gut versteht. In vielen Familien ist das oftmals leider nicht der Fall. Es wird viel zu oft gestritten, gegeneinander agiert, statt zusammenzuhalten. Wir wiederum halten zusammen. Ich wünschte…“, sagte Philipp ernster, „Ich wünschte Großvater wäre auch hier.“

Heinrich legte eine Hand auf Philipps Rücken. Beide blieben stehen. „Wenn Jung und Alt einander nicht bremsen, einander nicht zur Last fallen, sondern einander begleiten, einander anfeuern, einander helfen, einander unterstützen, kann überhaupt nichts schieflaufen, weil wir dann in die gleiche Richtung unterwegs sind. Wenn ich müde werde, setzt du die Reise fort.“, sagte Heinrich, „Wir haben mehr Verantwortung als wir uns vielleicht eingestehen wollen. Ich habe immer bestmöglich auf meine Gesundheit geachtet, habe nicht getrunken, nicht geraucht, mich gesund ernährt, ganz anders als Robert. Er hat getrunken, noch mehr geraucht… bis sein überlasteter Körper die Fehler nicht mehr kompensieren konnte. Er war sich seiner Verantwortung nicht bewusst, doch verurteilen werde ich ihn dennoch nie, dafür war er wiederum zu friedfertig, fleißig und hartnäckig. Ich habe seine Verantwortung übernommen und bin immer noch hier, obwohl mein Sohn es nicht mehr ist.“ Robert, Heinrichs Sohn, Philipps Großvater, war mit etwa 60 Jahren schon gestorben.

Beide schwiegen eine Weile lang, bevor Philipp sich zu Wort meldete: „Und ich werde deine Reise fortsetzen, Uropa. Jüngere Generationen wechseln ältere ab und setzen die Reise fort.“ Heinrich blickte ihn wieder ernst an: „Nein, es gibt keinen Generationenwechsel!“ Danach legte er ihm die Hand auf die Schulter, lächelte, und fügte hinzu: „Menschen sind keine Autoreifen, die man einfach auswechselt. Wenn alles richtig gemacht wird, findet ein glatter, sanfter Generationenübergang statt, so wie die Nacht in den Tag übergeht und der Tag wieder in die Nacht.“

Sein Urenkel fragte ihn: „Wie wollen wir diesen Übergang dann nennen?“

Sein Urgroßvater antwortete ohne zu zögern: „Das Leben. Einfach nur, das Leben.“

„Ach Uropa, du hast, wie immer, völlig recht.“, entgegnete Philipp voll Freude.

„Ich gebe mein Bestes.“, sagte er schließlich. Sie beobachteten noch ein wenig den Wind, der durch die Gräser wanderte. „Magst du mir auf dem Weg wieder mehr von dieser aunter… augster…“, fing Heinrich plötzlich an, doch ihm fiel der Begriff nicht ein. „Meinst du Augmentierte Realität?“, fragte ihn sein Urenkel. „Ach, ihr jungen Leute mit euren komplizierten Begriffen… aber ja, magst du mir mehr von Augmentierter Realität erzählen? Ich bin schon sehr neugierig.“

„Selbstverständlich, Uropa, liebend gern!“, antwortete Philipp fröhlich.

Und so machten sie sich auf den Weg nach Hause, begleitet von Schafen, den Gesängen und Tänzen der Natur, sowie der Zukunft, die ihnen gemeinsam noch bevorstand.

© Mario Markovic 2021-04-01

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