James Bond oder 007?

Beate Schilcher

von Beate Schilcher

Story

Wenn Sie wählen müssten: Würden Sie lieber eine Nummer oder einen Namen tragen?

Bevor Häuser in Städten durchgängig nummeriert waren und Straßen einheitliche Namen hatten, trugen Häuser Namen. Zwecks Auffindbarkeit. Aus Heimito von Doderers Gesellschaftsroman „Die Strudlhofstiege“ kennen wir das „Haus zum blauen Einhorn“ und das „Gasthaus zur Flucht nach Ägypten“ – so benannt nach dem Hauptaltarbild der nebenstehenden Kirche. Vorteil der klingenden Namen: Auch Menschen, die des Lesens unkundig waren, konnten sie sich merken. Die benamsten Häuser oder Geschäfte trugen fantasievolle Schilder oder Skulpturen an ihren Fassaden – heute rare Sammlerstücke, wenn sie nicht noch vor Ort prangen.

Städtische Apotheken haben sich die kraftvollen Fantasienamen bewahrt. So können Sie Ihr Aspirin heute noch im „Rothen Krebs“ oder beim „Goldenen Elephanten“ kaufen.

Ein Mensch ohne Vor- und Familiennamen? Undenkbar. Jedes Haustier hat bei uns einen Namen. Ein Haus ohne Namen? Na, das muss nicht so bleiben! Dies ist ein Plädoyer für Namen. Namen für unser Zuhause. Namen, die uns gefallen. Namen, die unseren Wohnungen und Häusern Kraft verleihen, oder Schutz, oder Schönheit, oder alles zusammen – und die alle diese feinen Qualitäten auch auf uns übertragen.

Wieso? Ein Name hat Zusatznutzen. Zu einem Namen taucht immer ein Gesicht auf, ein Gefühl, eine Qualität, eine Idee. Namen machen auch etwas mit einem scheinbar leblosen „Objekt“. Kennen Sie nicht auch jemanden, der seinem Auto einen Namen gegeben hat? Also. Setzen Sie sich einmal entspannt mit Ihrem Zuhause zusammen und beraten Sie. Welcher Wohnungs/Haus-Name würde Ihr Selbstbild stärken oder positiv beeinflussen? Was passt zu Ihren vier Wänden? Ein Name schafft Vertrautheit und seelische Verbundenheit, die stärkt.

Michael, 85 Jahre, wohnt im Dachgeschoss. Es kommt die Quarantäne. Michael, begeisterter Segler, tauft sein Zuhause jetzt „Leuchtturm”. Er mailt seiner Familie jede Woche “Briefe vom Leuchtturm”. Meine Wohnung ist hell und farbenfroh. Sie heißt „Joy“. Ich kann jeden Tag – voll Überzeugung – von mir sagen: Ich lebe in Freude. Auch, wenn es einmal kein unglaublich grandioser Tag sein sollte: I live in Joy.

Das Benennen kann ein Spiel werden. Wer einen Platz in Ihrem Zuhause hat, hat auch eine Wählerstimme. Jedes Familienmitglied darf einen Namen abgeben. Dann stimmen Sie ab. Oder: Die Wohnung/das Haus entscheidet. Soll vorkommen. Meine „Joy“ hat den Namen selber ausgesucht (Es gab zwei Alternativen, bei „Joy“ hat sie gelächelt). Kinder lieben solche Spiele. Sie bestimmen mit. Ihre Stimme zählt.

Nennen Sie Ihr Zuhause bei seinem Namen. Finden Sie einen, dessen Klang oder Bedeutung Ihnen guttut, wenn Sie ihn aussprechen. Auch das ist SelbstfĂĽrsorge.

Und wer weiß, vielleicht stärkt der Name nicht nur Ihre Verbundenheit und Ihr Selbstvertrauen, sondern womöglich auch noch Ihr Immunsystem. Wäre doch keine schlechte Sache? In Zeiten wie diesen.

© Beate Schilcher 2021-03-10

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