von Gunny Catell
„Trauer mit Lachen“, so hieĂź die Verabschiedungsfeier fĂĽr Jango Edwards, bei der ich am 19. Jänner 2024 teilnahm. Rund um eine clowneske Urne mit der Asche des Anarcho-Clowns fand im Circus- und Clownmuseum in Wien eine Gedenkfeier zu seinen Ehren statt. Knapp ein halbes Jahr vorher war er in Barcelona gestorben. Ich hatte Jango einmal hautnah miterlebt, als er Jahre zuvor auch in diesem Museum eine Vorstellung gab, in der er mich miteinbezog. Er kam ins Publikum – die Scheinwerfer natĂĽrlich auf uns gerichtet – und spielte einen verrĂĽckten Streich mit mir, sodass ich ganz baff reagierte. Gleichzeitig fĂĽhlte ich mich auch bloĂźgestellt. Aber es ging alles so schnell, dass ich ihm gar nicht böse sein konnte, denn alle hatten ihren SpaĂź dabei. Sah er es mir an, dass ich mit ihm auf die BĂĽhne wollte? Aber warum hat er es geschafft, dass ich mir dabei so nackt vorkam? Er hatte wohl etwas getan, was meine Verletzlichkeit ansprach. Und das ist das Wesen von Comic und Satire: Hole die Reichen, Ăśberheblichen und Allwissenden vom Podest, halte ihnen den Spiegel vor, zeig ihre Unperfektheit, und die Leute werden lachen. Als ich nach der Vorstellung zu ihm fĂĽr ein Selfie kam, ĂĽberrumpelte er mich gleich noch einmal und machte das genaue Gegenteil von dem, was ich erwartete. Er schnitt eine so blöde Grimasse in mein Handy, dass ich spontan wieder lachen musste. Aber gleichzeitig spĂĽrte ich diesmal auch eine groĂźe Wertschätzung in seiner Geste. Ich fĂĽhlte, er wollte mit mir kommunizieren und war zu allem bereit. Ich war sein Fan schon seit 1981, als er in der Clownstadt im Wiener Prater auftrat. Ich liebte ihn als „Nouveau Clown“ mit seinen sehr körperbetonten, derben BĂĽhnendarbietungen, wo er sich als einziger nicht scheute, nackt zu sein und mit seinen Pimmel Schabernack zu treiben, obwohl man sein bestes StĂĽck dabei gar nicht zu sehen bekam.       Â
Seine Hauptbotschaft war „Smile! – Lachen: Damit wollte Jango immer anstecken. Daher sprach ich auch mit seiner Witwe Cristina Borras, die mit seiner Asche unterwegs war, um an verschiedensten Orten der Welt mit der Fan-Gemeinde des Gründers einer Clown-Schule Abschied zu zelebrieren. Ich fragte sie, wie er so war und wie er starb. Sie erläuterte mir, dass es doch ein schwieriges Zusammenleben mit ihm war, denn er blieb 24 Stunden lang und das 366 Tage im Jahr der Clown. Immer fiel ihm etwas Ungewöhnliches ein, nichts und niemand konnte vor ihm sicher sein. Er warf jedes Tabu über den Haufen. Trotzdem war er ein liebevoller, respektvoller Mann, ein wahrer Humanist – doch einer, der keine Grenzen kannte. Nachdem ich Cristina beim Abschied Jangos berührend komische Version des Songs Smile von Charlie Chaplin darbieten sah, hatte ich die Idee, das Clownmuseum auch selbst für eine Show zu mieten und dieselbe Performance als Hommage an ihn und das Lächeln zu zeigen – und so geschah es im Sommer 2024. Ich hatte mich intensiv auf diesen Moment, meinen Auftritt als trauriger Clown, vorbereitet. Jango wollte uns immer befreien und ich auch das Gefühl der Melancholie zeigen, das hinter seinen Streichen verborgen war. Er führte uns die Welt vor aus der Perspektive eines Narren, der mit einer Mischung aus Humor, Kraft und Verletzlichkeit die Wahrheit über das Leben aussprach: Es bringt nichts zu weinen, das Leben ist trotzdem lebenswert – if you just SMILE!
© Gunny Catell 2025-02-11