von S. Pomej
Meine Freundin Lisa hatte sich in den Kopf gesetzt, die Branche zu wechseln und wollte Sherlock Holmes spielen. Also bewarb sie sich bei einer Detektei, deren Inhaber im amtlichen Telefonbuch verlĂ€sslich diskrete Ăberwachungen & Informationsbeschaffung aller Art anbot, und bat mich, sie dorthin zum Jobinterview zu begleiten. Nach meinem Warum antwortete sie: „Als moralische UnterstĂŒtzung.“ Die Gute hatte sich fĂŒr diesen Termin hĂŒbsch zurechtgemacht und trug einen grauen Hosenanzug mit einer adretten rosa Bluse, die dunklen Haare businessmĂ€Ăig hochgesteckt, dezent geschminkt.
Na, wir kamen um Ÿ 10 dorthin, in eine groĂe Wohnung eines Zinshauses in einem AuĂenbezirk Wiens – mein erster Eindruck aufgrund des Geruchs: vermodert. Hier sah alles ein wenig in die Jahre gekommen aus, vom Mobiliar ĂŒber den Teppich bis zum 70er-Jahre-Aktmodell-Kalender an der Wand. Fast wie in einem amerikanischen B-Movie, das von RTL II im Nachtprogramm versteckt wird. Ev. hatte er einen beseitigten Klienten oder Rivalen im Vorzimmerschrank versteckt und auf ihn vergessen. Wie auch immer, die SekretĂ€rin – eine vollbusige Dame mit blonden StrĂ€hnchen & Nickelbrille – wies uns 2 harte StĂŒhle zum Warten zu und verschwand durch eine MilchglastĂŒr in ihr kleines BĂŒro, wo sie geschĂ€ftig mit Geschirr herumklapperte und dann auf eine elektrische Schreibmaschine einhĂ€mmerte.
âAhaâ, flĂŒsterte ich, âdie schreibt den Bericht von seiner letzten Schicht. Schusswechsel und Raufhandel inklusive.“ âIch glaube eher, die tippt die Rechnung an seine Kunden!â âDer Einrichtung zufolge verdient er nicht vielâ, vermutete ich. âOder er tarnt seinen Erfolg“, erwiderte sie, nervös an ihren FingernĂ€geln kauend.
Nach einer gefĂŒhlten œ Stunde erschien der ĂŒbernĂ€chtigt aussehende Meister in Jeans, Cowboy-Stiefeln, offenem schwarzen Hemd und zerzausten Haaren. Eine Zigarette im Mundwinkel, den Rauch aus den NĂŒstern blasend, erkundigte er sich, wer von uns die NĂ€chste sei. Lisa schlich hinter ihm in sein BĂŒro, welches durch eine PolstertĂŒr vom Wartebereich getrennt leider nicht die kleinste Silbe nach auĂen dringen lieĂ. Nach 10 Minuten kam sie mit einem enttĂ€uschten Gesicht wieder raus und wir gingen.
„Deiner Mimik nach zu urteilen hast du die Stelle nicht bekommen“, schĂ€tzte ich.
âDoch, ich schau nur so verdrossen, weil der Mike-Hammer-Verschnitt mir auch den Grund dafĂŒr genannt hat.â âSicher, weil er keine andere junge Mitarbeiterin zur Auswahl hatâ, riet ich drauflos.
„Nein, noch schlimmer. Ich sehe angeblich so unauffĂ€llig aus, was fĂŒr eine Beobachtung vorteilhaft wĂ€re.“
„Na, da hat der Mann ja recht“, sagte ich. „Stell dir vor, du siehst der Claudia Schiffer Ă€hnlich, glaubst du, dass dann ein Verfolgter nicht merkt, wenn du ihm nachschleichst?““Ja, weil ich mich dann ja verkleiden wĂŒrde!“
Tja, ich verstand ihren Groll nicht ganz, denn ich wÀre froh gewesen, wenn all meine AnlÀufe zu einem Traumjob so leicht geklappt hÀtten.
© S. Pomej 2021-04-24