#jubiläum

Eva D

von Eva D

Story

Ich feiere heute ein Jubiläum, mein fünfjähriges.

Genauso lange ist es her, dass ich auf Facebook den Aufruf gelesen habe, dass am Bahnhof Hilfe gebraucht werde. Ich konnte damals kaum fassen, dass Menschen in Zügen sitzen, die nichts zu trinken haben. Hier, in Österreich, wo ich jederzeit mein Glas im Klo füllen könnte.

Dieser Abend hat mein Leben für immer nachhaltig verändert. Im Positiven.

Nach dem Bahnhof half ich in einem Übergangsquartier. Ich erinnere mich, dass ein Mitarbeiter dort mich ausschimpfte, weil ich einem jungen Mann mein Handy lieh, damit der seine Mutter anrufen kann. Sie hatte schon zwei Monate nichts mehr von ihm gehört. Da ließ ich mich gerne rügen.

Dann kam mein ehrenamtlicher Deutschkurs dran, mein Sprachcafé, über anderthalb Jahre. Durch meine Teilnehmer*innen habe ich die Liebe zum Lehren meiner unfassbar schwierigen Muttersprache entdeckt und damit den für mich derzeit schönsten Nebenjob der Welt.

Ich habe seit der Ausbildung bis jetzt rund 500 Stunden Deutsch unterrichtet und freue mich noch immer auf jeden einzelnen Kurs, den ich abhalten darf. Ob in einem Verein, einer Firma oder hinter schwedischen Gardinen – keine einzige schlechte Erfahrung habe ich bisher mit den Teilnehmer*innen gemacht. Mit vielen von ihnen bin ich in Kontakt geblieben, mit manchen verbindet mich eine tiefe Freundschaft.

Ich habe eine Menge über andere Kulturen kennengelernt und köstliche Gerichte aus den Herkunftsländern der hierher Geflüchteten probieren dürfen. Ich war zum Essen eingeladen, spielte Fahrlehrerin, leistete bei Interviews vor der gefürchteten Behörde seelischen Beistand.

Keine einzige dieser Erfahrungen möchte ich missen!

Wenn am Bahnhof eine Gruppe junger Männer zusammensteht, habe ich keine Angst, nein, ich schaue, ob ich jemanden kenne. „Hallo Eva“, heißt es da ab und an und wir freuen uns über das Wiedersehen.

Aber natürlich gab es auch Schattenseiten, wenn auch wenige. Ich trennte mich wegen Rassismus von einer langjährigen Freundin und hatte in der Familie die eine oder andere Diskussion mit Leser*innen von Boulevardmedien, denen Tatsachen leider völlig hinten vorbeigehen.

Natürlich bin ich nicht naiv und weiß, dass ich weder die Welt retten kann, noch dass nicht nur gute Menschen zu uns gekommen sind. Aber hier spreche ich ausschließlich von meinen persönlichen Erfahrungen. Und die sind eben durchwegs gut, fertig.

Für mich wird immer unverständlich bleiben, warum Menschen glauben, sie wären „besser“ als andere. Aus Gründen der Hautfarbe, Nationalität oder was auch immer. Ich hatte einfach Glück, durch Zufall hier geboren worden zu sein. Mein Beitrag dazu: Null. Andere verfügen nicht über diese Gnade des Geburtsortes in einem friedlichen Land. Darum will ich helfen, sie unterstützen so gut ich kann.

Zum Jubiläum sende ich ein riesiges DANKE an alle Menschen da draußen, die es mir in den letzten fünf Jahren warm ums Herz werden ließen.

„We rise by lifting others.“ 🧡

© Eva D 2020-08-31

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