von Gerhard Maier
Es ist ein strahlender Sonntagmorgen, der uns heute empfängt. Über dem Salzachtal unter uns schlängelt sich ein Nebeldrache durchs Tal.
Zum Frühstück lese ich Weudls „Lockdown 2.0“, er erinnert mich an ungewöhnliche Zeiten, aber die sind so weit weg, die Sonne lacht beim Fenster herein. Wir müssen hinauf auf die Berge, eine Genusswanderung ist heute Pflicht. Das Hochgründeck lassen wir lieber, da parken uns die Salzburger Blechkarossen zu!
Ich hab`s: der Schneeberg 1938 m, das ist risikoarmer Genuss, nur die Anfahrt ist eine Herausforderung. Von St. Veit geht ein schmaler Güterweg mit wenigen Ausweichen bis zum Althaussattel auf 1178 m, auf der einen Seite geht es wirklich steil hinunter, Leitplanken gibt es wenige, das wird ein exklusives Vergnügen. Am Althaussattel stehen dann an die zehn Fahrzeuge, alle mit einheimischen Kennzeichen.
Durch lichten Mischwald geht es hinauf, dort ist der Weg teilweise eng, wir gehen zügig und kommen bald ins Schnaufen. Den paar Herunterkommenden weichen wir großzügig aus, ein kurzes „Griaß di!“, wir schnaufen in die andere Richtung und versuchen, den Odem der Anderen nicht einzusaugen.
Nach einer Stunde erreichen wir eine Kante, hier endet der Mischwald. Vor uns liegt völlig frei das Hochkönigmassiv in der Mittagssonne, in den grauen Felswänden sind ein paar Furchen schwarz herausmodelliert. Schnee liegt nur mehr wenig, Ende September, nach dem ersten Wintereinbruch, war schon alles weiß gewesen.
Über Trockengrasmatten geht es gemächlich weiter. Links unten liegen Felder mit Beerengesträuß, dort müssen wir hin. Preiselbeeren gibt es viele, sie sind reif und aromatisch süß, der Frost-Tauwechsel hat ihnen nicht geschadet. Schwarzbeeren gibt es kaum, außerdem sind sie unattraktiv gatschig.
Nach dem Gipfelkreuzfoto setzen wir uns ins trockene Gras, die Sonne verwöhnt uns. Alle die wir treffen, grüßen freundlich, es ist ihnen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Ich frage keinen, was er von den ungewöhnlichen Zeiten hält, ich möchte sie nicht aus ihrem Glücksgefühl reißen. Ich glaube ihre Antworten zu kennen.
Still lasse ich die jüngste Vergangenheit Revue passieren: Letzten Freitag begab ich mich freiwillig in Quarantäne. Toni, wir hatten am Mittwoch Kontakt, hatte mich angerufen, dass er Symptome hat und dass er testen war. Erst am Montag war klar, dass er positiv ist. Pezi, einer von seiner Kartenrunde, hatte ihn zwei Tage zuvor angesteckt. Pezi hat inzwischen eingeräumt, dass er vermutlich positiv war, er wird sich bei seinem positiv getesteten Sohn angesteckt haben, dass aber das “ganze Corona” ohnehin überbewertet sei, jedenfalls habe er und sein Sohn kaum etwas gespürt.
Toni, ein Risikofall, geht es den Umständen entsprechend gut. Ich habe keine Symptome, halte aber, wie seit Monaten, Abstand. Es ist noch einmal gut ausgegangen.
Mit unseren vielen Pezis könnten wir locker Corona-Weltmeister werden. Und dann kommen diese Spielverderber mit ihrem Shutdown…..
© Gerhard Maier 2020-11-15