Bisschen alles fühlen und dieses Alles fühlt sich eigentlich an wie ein Nichts. Er ist nicht so richtig gestresst, nicht so richtig traurig, aber halt auch nicht so richtig glücklich. Nicht so wichtig, eigentlich alles nicht mal der Rede wert, so fühlt sich das an. Vor allem, weil mans ja nicht mal in eine Rede fassen kann. Dieses Alles und dieses Nichts fühlen. Und darüber reden will er grade auch nicht. Und zwischen kein Schlaf und ständiger Müdigkeit hängen seine Gedanken schwer und träge in der Luft, drücken das Gewicht der Welt auf seine Schultern und er fühlt sich noch kleiner. Dann schreibt er Worte auf die Rückseite einer Rechnung, die er eh nicht bezahlen kann: „Die Angst hast du fest in der einen Hand und steckst alles mit der anderen in Brand. Heb dein Glas, ein Hoch auf die Unsicherheit. Gib mir deine Hand, wir sind schon zu zweit. Aber abermals Aber sagen und sich zwischen den Jahren fragen: Wohin mit der Zeit und warum ist alles so‐weit, so weit entfernt? Und dann morgens den Abend verjagen und sich zwischen den Tagen fragen: Woher das Ganze und wohin damit? In die Hölle, die Hölle, teuflischer Ritt. Wenn wenigstens wieder die Tage sich ziehen und zwischen Glücksmomenten geliehen, du nach oben blickst und Sinn erkennst und alles mal wieder von vorne beginnst. Dann dreht sich die Erde doch immer weiter, erkennst du das Muster, mein teuflischer Reiter? Hinunter mit dir, Hades, er wartet. Lass dir Zeit, sie entrinnt dir – wie unerwartet. Ein letzter Blick, oben das Helle sehen. Tartaros wartet. Du musst jetzt gehen. Ein Neubeginn in den Tiefen der Seele. Seele kehr heim, solang ich mich quäle. Auf heute, auf dich, auf mich & das Leben, denn morgen wirds dich hier nicht mehr geben.“
Und dann geht er schlafen. Er hat abgerechnet. Und sein Kaffee schmeckt nach Gleichgültigkeit, so wie eigentlich alles zurzeit. Diese Gleichgültigkeit, die alles mit einem grauen Schleier umhüllt. Dieser Schleier legt sich ganz sanft und behutsam auf alles und ihn. Er zwingt ihn in die Knie. Er hat langsam und sanft das Steuer übernommen. Eine Täuschung. Game-over. Irgendwann hat der Schleier auch seine Freundin eingeladen. Ohne ihn zu fragen. So sitzt er nun morgens am Fenster mit einer Tasse Kaffee, die jetzt nach Gleichgültigkeit schmeckt und kämpft mit der Müdigkeit, der neuen Freundin, die sich breitgemacht hat in seinem Haus. Aber langsam hat er sich daran gewöhnt und es beginnt ihm zu schmecken. Sie sitzen im Hier. Das Triumvirat der pandemischen Monotonie. Er, die Müdigkeit und ein Vorrat an Kaffee, der nach Gleichgültigkeit schmeckt.
© Lisa Marie Wurzer 2022-06-09