Kaffe, schwarz, ohne Zigaretten. Das Rauchen habe ich mir vor einigen Jahren abgewöhnt, genauso wie das ewige Nachdenken über dich und unsere gemeinsame Zeit; ich, in Einsamkeit.
Über das Rauchen denke ich ständig nach, der Duft von Tabak, der Gestank von Rauch und Nebel in meinem Kopf. Beim Rauchen habe ich immerzu über dich nachgedacht, diese gemeinsame Zeit. Die Einsamkeit. Ich denke immerzu, was wohl wäre, wenn ich über dich nachdenken würde, auch jetzt, als ich mit einem goldenen Löffel den schwarzen Kaffee umrühre, nicht weil es da etwas gäbe, das vermischt werden müsste, sondern um meine Hände zu beschäftigen, denn meine Kopfhaut brennt noch immer und meine Handflächen auch. Am schönsten schmerzt es an den Stellen, an denen die Haut die heiße Tasse berührt.
Ich sitze im Innenhof, der Himmel strahlt blau über mir und ich wünsche mir das Klischee eines grauen, regnerischen Tages für die Beerdigung, denn ich drohe schon wieder im strahlenden Blau des Septemberhimmels zu ertrinken. Dass der Kaffee weder Sojadrink noch Süßstoff enthält, ich ans Rauchen denke (und somit auch an dich, auch wenn ich es mir nicht eingestehen mag) und das Ticken der Standuhr aus dem Wohnzimmer hinter mir, erschweren es mir, im Hier und Jetzt zu bleiben.
Wie sehr ich mir wünsche, mich der Schwere des Seins hinzugeben, mich hier im Innenhof auf die warmen Ziegelsteine zu legen, warme Ziegelsteine auf kalter Haut, geschlossene Augen, um dem blauen Himmel zu entfliehen. Verweilen, bis der Tag vorüber ist und dann im ICE nach Hause fahren. Vielleicht sogar zu Mia, vielleicht sogar, um bei ihr zu übernachten. Bestimmt, denke ich verschwommen, würde ich dort so viel mehr Ruhe finden als hier. Bestimmt, denke ich, würde ich in ihrem Bett nicht vom Ertrinken träumen, nicht einmal mit der Schwere und Hitze ihres Kopfes auf meinen Rippen.
Doch ich kann nicht umkehren, weil ich dieses eine Versprechen gegeben habe. Dieses eine Versprechen, an diesen einen Menschen aus dieser Stadt, der niemals versucht hat, mich zu zerstören, und mir nur unabsichtlich Schaden zugefügt hat. Dessen Wärme dennoch nie ausgereicht hat, mich hier zu halten, dessen Wärme zu spät kam, dessen Wärme den stählernen Teufelskreis nie durchbrechen konnte. Für diesen einen Menschen bleibe ich. Für einen letzten Abschied, fürs um Vergebung bitten und vielleicht auch, um zu vergeben.
© Kim Sarah Siegmann 2021-08-13