Kaffeehaus

Gernot Blieberger

von Gernot Blieberger

Story

Ich liebe es im Kaffeehaus zu sitzen. Es ist eine Atmosphäre, die mir Ruhe gibt, Entspannung, aber auch Kreativität. Eine Atmosphäre, die sowohl dazu einlädt, sich zurückzuziehen, in einer Tageszeitung zu stöbern, ein Buch zu lesen, aber auch, seine Umgebung wahr- und aufzunehmen. Das Surren und Zischen, das Dampfen und Fauchen der Espressomaschine, das harte metallische Klacken, wenn der alte Kaffesud herausgeschlagen wird, um die frischen Bohnen einzufüllen, die mit hel-lem Sirren gemahlen werden und einen ersten duftenden Vorgeschmack des Aromas verbreiten, das Klappern der Schalen, Tassen und Heferl.

Dann steht ein heißer, dampfender, die Sinne mit seinem Duft berauschender Espresso vor mir. Der erste vorsichtige Schluck voller Genuss, der Rest verteilt über die kommende Zeit. Seit Jahren trinke ich ihn ohne Milch und meist ohne Zucker. Die Auswahl aber ist so unermesslich: vom Macchiato über den Latte, den Mokka und Cappuccino, vom türkischen Kaffee bis zum Einspänner, oder auch die ge-haltvollen Varianten wird dem Rüdesheimer Kaffee oder dem Irish Coffee, nicht zu vergessen, im Sommer der Eiskaffee. Dazu eine passende Mehlspeise, sei es eine Sachertorte mit Schlagobers, eine Kardinalschnitte oder auch ein Punschkrapfen. Es kann aber auch eine mit herrlicher Powidlmarmelade gefüllte Buchtel sein oder ein saftiger Krapfen, aus dem beim Reinbeißen die Marillenmarmelade quillt.

Das alles sind die Zutaten zu verschiedensten Tätigkeiten: Zeitung oder eine Zeitschrift lesen, in einem guten Buch schmökern oder einen Text schreiben.

Die Gedanken fließen. Erinnertes verknüpft sich mit der Umgebung, den Menschen an den Nebentischen, die über Politik diskutieren, über die aktuelle Stärke oder Schwäche der hiesigen Fußballmannschaft oder über absolvierte und bevorstehende Arztbesuche samt diverser Leiden und Zipperchen – oder die auch in eine Zeitung versunken scheinbar gedankenverloren mit dem kleinen Silberlöf-fel in der Tasse rühren und von Zeit zu Zeit nippen.

Die Zeit scheint still zu stehen, zumindest langsamer zu vergehen. Kaffeehaus-kultur: Auch wenn man nicht wie Peter Altenberg den ganzen Tag bei einer einzi-gen Kaffeeschale verbringen und das Kaffeehaus als seine Postadresse angeben muss, so ist es doch ein angenehmer und wohltuender Gegensatz zur hektischen Welt des Coffee to go.

© Gernot Blieberger 2019-11-02