von Andreas Tatowsky
Neulich sitze ich mit einer netten Bekannten in einem Wiener Kaffeehaus, welches nach längerer Zeit endlich wieder geöffnet hatte. Wir quatschten über dies und das, denn wir hatten uns geraume Zeit nicht mehr gesehen, wie wir schon alle wissen, die verdammte Krise mit ihrem letzten Look Down und so weiter. Es gab also etliches an Tratsch aufzuarbeiten und einiges zu bereden. „Schau“, sagt sie auf einmal und zeigt mir ein Bild „das ist mein Sohn, das Foto hat er mir gestern auf WhatsApp geschickt. Die Haare hat ihm seine Frau selbst geschnitten!“ und hält mir ihr Smartphone unter die Nase. „Ah, cool 6mm Frisur hatte ich früher auch“, sagte ich zu ihr, „Das sah damals bei mir auch sehr schick aus, jetzt allerdings tendiere ich eher wieder zum Schlurf, das bringt diese sch… Krise so mit sich“. Ich nippte an meinem Kaffee, sie blättert flott durch ihren Smartphone-Kalender und sagt: „Mein Friseur hätte auch gar keinen Platz für dich, jedenfalls nicht vor dem nächsten Monat“. Nett, dass sie sich so rührend um mich kümmern will, denke ich bei mir, gewundert hat mich allerdings dabei, dass sie wusste, wann ihr Friseur für mich Zeit hätte, ist mir jetzt aber irgendwie egal. Bei uns Männern, sinnierte ich weiter, wachsen ja im gesetzterem Alter sowieso die Haare am Kopf nicht mehr gar so schnell wie an allen anderen möglichen und unerwünschten Stellen, wie zum Beispiel am ganzen Körper und in seinen diversen Öffnungen. Was glaubst du, dachte ich mir, warum sie den Nasen-, Ohrhaarscheider und den Barttrimmer erfunden haben, dabei sollte ich schon froh sein, dachte ich dann noch, dass ich mir nicht die Beine wachsen muss wie die meisten Mädels. Schuld daran soll ja der etwas erhöhte Testosteron-Spiegel sein, hab ich irgendwann gelesen. Der vergrößert bei und Männern so einige andere Körperteile auch, wie die Nase und die Ohrlappen und so, die sollen ja angeblich nie aufhören zu wachsen, dabei sollte sich so mancher Mann besser überlegen, ob er da nicht auch gleichzeitig an eine andere Körbchen-Größe denken sollte…? Mein nettes Gegenüber hebt seinen Kopf, grienst mich, den selbigen schüttelnd, an und blickt mir freudestrahlend direkt in die Augen. Hoppla, hatte ich da etwa zu laut gedacht? Verlegen nippe ich, jetzt aber lieber wieder stumm, an meinem Kaffee.
© Andreas Tatowsky 2021-06-06