Kamerun – Konflikte, wo der Pfeffer wächst

Siegi Kaml

von Siegi Kaml

Story

Wahrscheinlich ist das Sprachproblem ein Knackpunkt der Konflikte Kameruns – nach 1916 stand der Westen unter britischem und der Osten unter französischem Mandat – mit entsprechendem Sprachdiktat – und, wie das Schicksal es wollte, teilte es mir für meinen Ausflug zur Pfefferplantage Penja in Westkamerun einen französischsprachigen Chauffeur, Pierre, und englischsprachigen Guide, Martin, zu.

Bei der Plantage angelangt werden Pierre, Martin und ich ins Büro des Managers vorgelassen, der uns gleich einen ambitionierten Führer organisiert: Basil. Offensichtlich froh, dem Büroalltag zu entfliehen, lädt er uns zu einer Reise durch die Pfefferfabrik ein: Von Abfüllung und Trennung der Pfefferkörner, von Transport und Ernte, bis dahin, wo der Pfeffer wächst.

In gutem Englisch erfahren wir, wie viel Pfeffer geerntet wird, und daß wegen des Vulkanbodens hier der Pfeffer besonders hochwertig im Geschmack sei und daher auch sensationelle Marktpreise erziele.

Der frankophone Pierre ist bisher eher gelangweilt mitgetrottet, bis er vom Marktwert hört; das versteht sogar er, und während wir weitergehen und Basil erklärt, daß aufgrund des Pfefferwertes auch das pflückende Personal immer wieder kontrolliert wird, ob nicht jemand ein Pfefferkorn im Nasenloch versteckt habe, hängt unser Fahrer schon im nächsten Pfefferstrauch und erntet in seinen Hosensack hinein. Unbemerkt von Basil pflückt Pierre nach Belieben weiter, und auf unserem Weg zum Pfefferbad verschwindet er still und leise.

Basil erklärt uns gerade, daß nach kurzem Aufkochen und mehrtägigem Bad die grüne Schale manuell abgewaschen wird, als der Sicherheitsdienst mit Pierre anmarschiert und fragt, ob selbiger zu uns gehöre – als er hochgezerrt wird, purzeln ihm noch 2, 3 Pfefferzweiglein heraus.

Basils Gesichtsfarbe schwindet und jetzt wird nur noch auf französisch diskutiert.

Beschuldigungen werden hin- und hergeschrien, mal auf diesen, mal auf jenen gezeigt, mal drohend herumgefuchtelt, ich verstehe nur so viel: die Führung ist beendet – alle ab ins Büro zum Manager.

In gedämpfterem Tonfall geht es im Büro weiter, aber auch hier kippt die Stimmung bald, die Wogen gehen beim Sicherheitsmann hoch, die Stimmen werden wieder laut, mal schaut Basil, mal Pierre betreten zu Boden, und dann flucht der Sicherheitsmann in seinem afrikanischen Dialekt. Überraschend antwortet Pierre in selbiger Sprache, worauf sich auch Basil einzuschalten vermag. In viel ruhigerer Sprache wird jetzt kommuniziert, und, siehe da, binnen weniger Minuten sind die Probleme beseitigt und die Anwesenden Freunde. Jetzt wird auch wieder englisch gesprochen, und wir werden freundlich zum Auto begleitet.

Wie es scheint verfügt diese Sprache Kameruns über Ausdrücke und Feinheiten, die weder auf Englisch noch auf Französisch existieren, und so bleibe ich ein Außenstehender, ein Fremder und Uneingeweihter, der nichts versteht von Kameruns Kultur, Konflikte zu lösen.

© Siegi Kaml 2021-02-03

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