von Sarah Pankow
Noch lieber als ins Kino, gehe ich jedoch ins Theater. Und auch dafür gibt es in der schönen Hansestadt diverse Möglichkeiten, allen voran das großartige Kampnagel. Das ist eine ehemalige, 1865 gegründete Maschinenfabrik in Hamburg Winterhude. Seit 1982 wird sie als Veranstaltungsort für zeitgenössische darstellende Kunst genutzt. Zu Kunststätten umgebaute Fabrikgelände wie die zeise kinos und das Kampnagel bieten einen ganz besonderen Raum für die dort aufgeführten Darstellungen und gezeigten Produktionen.
Die schlichten Farben und rauen Materialien in Kombination mit kreativen, innovativen Designkonzepten hüllen einen schon vor Beginn der Vorstellung in eine Sphäre der Kunstschaffenden, die einem das Gefühl gibt, man selbst verfüge über viel mehr Einfallsreichtum und Gestaltungsdrang als man zuvor bewusst wahrgenommen hatte. Man wird an etwas in sich Schlummerndes erinnert, dass man vielleicht schon von Kindesbeinen an viel zu sehr unterdrückt hat. Es tut mitunter so gut, es raus zu lassen. Und diese ganzen verrückten, befreienden, zum Teil so simplen und dann doch wieder extrem tiefgründigen Konzepte in sich einzulassen.
Die Kraft und Energie, die von den Schauspielern auf einer Theaterbühne ausgehen und im ganzen Raum mitschwingen sind auf diese Art einfach in einer Filmproduktion nicht zu erreichen. Bei meinem letzten Kampnagel Besuch habe ich das gespürt wie nie zuvor. In dem Stück „Verrückt nach Trost“ haben die Schauspieler Sebastian Blomberg, André Jung, Ursina Ladi und Devid Striesow mich vom ersten Moment an begeistert und im Laufe der Aufführung immer mehr in ihren Bann gezogen.
Sebastian Blomberg zuerst in der Rolle des Tauchers und dann der Schildkröte war episch. Ich konnte mich vor Lachen nicht mehr halten. Die Thematik des Stücks war aktuell, bewegend und regt mich noch jetzt zum Nachdenken an. Und es war toll, die Schauspieler anschließend im peacetanbul, dem Restaurant im Kampnagel, zu treffen.
Als meine Mutter und ich einmal zu spät dran waren, wurden wir leider nicht mehr rein gelassen. Aber wir hatten Glück, dass gerade im Innenhof des Kampnagels das alljährliche Sommerfestival veranstaltet wurde. Dort gab es bequeme Sitzsäcke, leckeren Wein und chillige Livemusik. Danach spazierten wir ein kleines Stück weiter in den nahe gelegenen Stadtpark, der grünen Lunge Hamburgs.
In den Sommermonaten finden auf der Stadtparkbühne Open-Air-Konzerte statt und die dicht anliegende Wiese ist von aneinandergereihten Picknickdecken übersäht. Man sieht zwar die Bühne nicht, hört jedoch die Musik als wäre man direkt in der Arena. Lange Hamburger Sommernächte haben einen unnachahmlichen Zauber.
Meistens ist es jedoch leider kalt und ungemütlich. Das merkte ich mal wieder bei meinem nächsten Marathon.
© Sarah Pankow 2023-01-22