von Patrycja Grela
9:50 Uhr und der Bus kommt nicht, verdammt. Es reicht wohl nicht, dass mein Wecker nicht losgegangen ist und ich jetzt noch später zum Bewerbungsgespräch ins Büro komme. Na toll Lizzie, du brauchst jetzt auch nicht mehr hinzugehen. Was ist das für ein erster Eindruck? Ich bin aber nicht umsonst 1.500 Kilometer von meinem Dorf in die große Stadt gezogen, meine Freunde und Familie verlassen, um jetzt wegen eines dummen Weckers meine Chance im einflussreichsten Viertel zu arbeiten zu verpassen! Vor lauter Aufregung sah ich den Bus nicht kommen und hüpfe im letzten Moment hinein, kurz bevor die Tür sich schließt. Natürlich muss der Bus auch noch überfüllt sein. Schreiende Kinder, Jugendliche mit Kopfhörern durch die man deren Musik hört und verschwitzte Körper um mich herum. Wie ich das Leben im Sommer in New York liebe. Zudem noch der Typ hinter mir, der mit seinem Ellbogen an meinen Kopf stößt. Ich schaue kurz nach hinten. Sportlich gebaut, dunkle Haare und grüne Augen, um ein Kopf größer als ich. Er dürfte nicht älter sein als 25, aber er ist wie der oberste Chef einer Aktienfirma auf Wallstreet angezogen: passend zu seinen Augen ein dunkelgrünes, kurzärmliges Hemd, beige Stoffhose und ich spüre eine Art Aktentasche an meinem linken Oberschenkel. Leider konnte ich seine Schuhe nicht sehen, weil es so eng ist, so würde ich ihn etwas einschätzen können, wie er auf meine Bitte reagiert.
Ich habe mich gezwungen, die süßeste Stimme aus mir zu bringen. „Entschuldigen Sie bitte, könnten Sie Ihre Hand höher halten oder wenigstens an der Stange? Sie stoßen an meinem Kopf.“ Er schaut mich von oben an, ich glaube, er hat sich bemüht seine Augen nicht zu verdrehen und versetzt seine Hand höher, sodass seine Muskeln sich noch mehr anspannen. “Haben Sie noch Wünsche, Prinzessin?” Diese Frage hat mich aus meinem Nachdenken, welches teure Parfum er trägt, herausgebracht. Jetzt habe ich versucht meine Augen nicht zu überdrehen. „Nein, danke.“ Sage ich durch zusammengepresste Zähne.
Endlich mein Stopp. Tür öffnet sich und ich fliege auf die Straße, weil mich jemand schupft. Jetzt ist meine Hose auch noch dreckig, besser kann es wohl nicht werden. „Passen Sie auf Kollege! Ich wollte eh aussteigen!“, rufe ich ihm nach. „Ich habe es eilig!”, ruft er zurück. Ich auch, murmelte ich unter meiner Nase. Braune, hochglanzpolierte Broguings. Kein Wunder, dass er mich angemotzt hat. Er ist ein reicher, privilegierter weißer Mann, der noch ein Perfektionist ist. Ich stehe auf, versuche den Dreck irgendwie von meiner Hose mit einem feuchten Tuch so gut es geht zu säubern.
Na dann, wollen wir Mal Lizzie. Mach das Beste daraus. Noch fünf Minuten zu Fuß und das Büro ist gleich um die Ecke. Die nette Dame sagte am Telefon, ich glaube Ms. Johnson stellte sie sich vor, das Büro sei im achten Stock. Am Weg bete ich, dass ich dort einen Lift vorfinde.
Vor dem Eingang steht ein schwarz gekleideter Mann. „Ich bin..” „Sie sind Elisabeth Nowak.”, unterbricht er mir und öffnet die Tür.
© Patrycja Grela 2022-08-11