Kapiel 10: Ein Hingucker

Lisa Koscielniak

von Lisa Koscielniak

Story

Wir setzten uns wieder in die Teeküche und feilten an unserem Plan. „Wenn wir davon ausgehen, dass du nicht nur immer an denselben Ort springst, sondern auch zur selben Zeit, passt das eigentlich ganz gut. Es ist dann bereits Ladenschluss. Aber jeder Dieb mit etwas Grips würde erst zu einem späteren Zeitpunkt einbrechen. Wir sollten also genug Zeit haben, um alles in Ruhe vorzubereiten. Die Frage ist nur, wann wir unsere Falle zuschnappen lassen wollen“, sagte Yin.

„Das stimmt. Wir sollten nicht zu lange warten. Es muss als einmaliges Ereignis beworben werden, damit der Dieb nur an diesem einen Tag kommen kann. Ich habe bereits mit meinem Kontakt bei der Zeitung gesprochen. Wir könnten bereits morgen einen Artikel auf der Hauptseite veröffentlichen“, überlegte Stew weiter. „Gut, dann veröffentlichen wir direkt morgen und werben für übermorgen. So haben wir es wenigstens schnell hinter uns“, legte Yin fest. „Dann müssen wir nur noch einen guten Text schreiben“, meinte Stew nachdenklich. „Habt ihr was zum Schreiben?“, fragte ich. Stew holte Papier und Stifte und ich begann, einen Text zu formulieren:

Einmalige Bücherausstellung

Zum ersten Mal seit tausend Jahren werden ein paar der ältesten Bücher der Dämonen öffentlich in der Stadtbibliothek ausgestellt. Sie alle sind Originale der Schwarzmond-Tagebücher. Noch nie konnten alle Tagebücher gemeinsam präsentiert werden. Bis jetzt. Einen ganzen Tag lang können die Bücher eingesehen und gelesen werden. Nutzen Sie jetzt Ihre Chance, bevor die Bücher wieder weggeschlossen werden. Wir erwarten Sie!

Ich überlegte. „Wir brauchen noch ein aussagekräftiges Bild. Was spricht Dämonen und Geister denn so an?“ – „Das dürfte ähnlich wie bei den Menschen sein“, meinte Stew schulterzuckend. „So? Dann hätte ich eine Idee. Yin, nimm doch mal den ersten Teil der Tagebücher und stell dich da ans Fenster“, sagte ich und zückte mein Handy. Überraschenderweise folgte er meiner Anweisung, ohne sich zu beschweren. „Das sieht doch schon gar nicht schlecht aus. Das Buch noch ein wenig tiefer … genau. Und könntest du dich vielleicht noch ein wenig schräger hinstellen? Perfekt, so bleiben!“ Ich drückte ein paar Mal auf den Auslöser. Dann betrachtete ich die Ergebnisse.

Eines der Bilder war besonders gut geworden. Ich wählte es aus und begann damit, es noch ein wenig zu bearbeiten. Dabei war ich so vertieft in meine Arbeit, dass ich nicht merkte, wie Yin sich neben mich stellte und mir über die Schulter zusah. Als er zu sprechen begann, zuckte ich vor Schreck kurz zusammen. „Und du bist dir sicher, dass dieses Bild genug Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird?“ – „Klar. Wenn Dämonen und Geister ähnlich wie Menschen gestrickt sind, dann wird das ein Knaller“, antwortete ich. „Inwiefern?“, hakte Yin weiter nach. „Na, guck doch mal. Dieser Lichteinfall vom Mond, das Buch ist zentral und gut zu sehen und dann noch du als Eyecatcher. Da werden sicherlich einige Ladys vorbeikommen“, erklärte ich.

© Lisa Koscielniak 2022-04-29

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