von Danara Schröder
Ich öffne die Augen und bin sofort genervt. Zu wissen, dass die Schule heute wieder startet, macht mich fertig. Dennoch stehe ich zĂŒgig auf und gehe ins Bad. Ich wasche mein Gesicht, putze mir die ZĂ€hne. Zum GlĂŒck habe ich mir gestern meine Klamotten herausgesucht, sonst wĂ€re ich jetzt absolut ĂŒberfordert. Ich schaue auf mein Handy und sehe 3 neue Nachrichten.
Leon
„Guten Morgen mein MĂ€dchen“
„Isabelle, du musst aufstehen. Es ist 6:30 Uhr“
„Mi Amor, bist du wach? Heute ist wieder Schule. Schreib mir bitte, wenn du aufwachst.“
Ich antworte ihm schnell, dass ich wach bin und sende ihm ein Foto von mir im Spiegel. Ich zeige ihm sehr gerne meine Outfits, ich wĂŒnschte mir zwar am liebsten, dass er sie selber sehen wĂŒrde. Dies sind leider aber nur TrĂ€ume. Leon und ich fĂŒhren eine Fernbeziehung. Er wohnt 250 km von mir entfernt. Wenn man es genau nimmt, sind es 242. Ich sage aber zu jedem pauschal, dass es 250 sind, sonst komme ich rĂŒber wie ein Psycho der die genaue Entfernung zwischen uns ausrechnet, was ich auch immer wieder tue.
Ich mache mich auf den Weg zur Schule und trĂ€ume im Bus vor mich hin. Ich stelle mir jeden Tag aufs neue vor, wie Leon neben mir sitzen wĂŒrde, meine Hand halten könnte, aber das geht leider nicht. In der Schule angekommen setze ich mich auf meine typische Bank und hole mein Handy wieder raus. Ich schreibe mit Leon, erzĂ€hle ihm von meiner Nacht, was ich getrĂ€umt habe. Er sollte es langsam wissen, denn ich trĂ€ume jeden Tag dasselbe, jeden Tag trĂ€ume ich davon, wie wir uns treffen können und ich ihn endlich umarmen kann. Das ist auch gar nicht mehr so lange hin, ich schaue auf meinen Countdown und mache einen Screenshot. Es sind noch genau 3 Tage, 10 Stunden und 53 Minuten bis ich ihn sehen kann. Leider werden das die lĂ€ngsten 3 Tage, 10 Stunden und jetzt 52 Minuten meines Lebens. Ich bin so unendlich aufgeregt.
In Mathematik sitze ich nur da und trĂ€ume vor mich hin. Wie es wohl wĂ€re, wenn Leon auf meine Schule gehen wĂŒrde? HĂ€tten wir uns gemocht? Geliebt? WĂ€re er einer meiner Mobber gewesen? So viel rauscht mir durch den Kopf. Ich habe keine Ahnung, worum es grade im Unterricht geht. Ich denke nur daran, wie er bei mir im Klassenraum sitzen wĂŒrde. Auf dem Platz, der seit 2 Jahren schon durchgehend leer steht. Wie ich ihn den ganzen Tag beobachten könnte, wie er redet, sich meldet und die richtigen Antworten abgibt. Vielleicht wĂ€re er ja auch mein Nachhilfelehrer geworden? Ich erschrecke als ich meinen Namen höre. Lisa spricht mich an. Ich schaue zu ihr hin und frage sie, was los ist. „Dein Handy vibriert die ganze Zeit in deiner Hosentasche. Frau Martin schaut dich schon schief an. Was ist denn da los?“ erwidert sie auf meine Frage. Ich stelle mein Handy leise und schaue unterm Tisch drauf. Es ist Leon.
Leon
„Du siehst so wunderschön aus!“
„Ich habe jetzt Pause und esse mein Brot. Mir wĂ€re lieber, ich könnte bei dir sein. Ich wĂŒrde jedes Essen fĂŒr dich aufgeben.“
© Danara Schröder 2024-06-17