Kapitel 1 – Mein neues Zuhause

Magdalena Herrmann

von Magdalena Herrmann

Story

Tag Neun auf dem blauen Planeten. Noch immer sitze ich mit diesen haarigen Wesen fest. Die soziale Kompetenz jener komplexen Lebensformen zu erlernen, fordert mich heraus. Trotz meiner anfänglichen Abneigung, an fremden Popos zu schnüffeln, bemerkte ich mit der Zeit einen gewissen Reiz daran. Langsam entwachse ich den Kinderschuhen. Es wird Zeit, größer zu denken und diesen Ort zu verlassen.

Plötzlich riss mich ein lautes Geräusch aus meinen Gedanken. Schon wieder kamen diese langstelzigen Gestalten, die sich selbst Mensch nannten, und kicherten in einer mir unerträglichen Lautstärke. Sie sahen sich verschiedene Käfige an, darunter auch meinen. Kleine Hände griffen nach uns, doch ich konnte sie erfolgreich abwehren. Die Reaktion der anderen Mitgefangenen war mir unverständlich. Sie schienen sich schwanzwedelnd darauf zu freuen, von dieser primitiven Lebensform betatscht zu werden. Langsam drängte sich mir der Gedanke auf, dass der Weg in die Freiheit nur durch einen solchen Menschen erfolgen könne. Denn die waren nun mal die Einzigen, die diese niederen Gefängniszellen entsperren konnten! Mit meinen flauschigen Pfötchen vermochte ich absolut nichts auszurichten! Einst war ich ein hochrangiger Offizier, und nun? Genervt rollte ich die Energiezelle, getarnt als ein quietschender Knochen, zwischen meinen Pfoten herum. Ich hatte mein Schicksal selbst zu verantworten. Nun musste ich mein restliches Dasein als, wie nannten sie uns, Hund fristen.

„Oh, sieh mal Schatz, ist der nicht süß?“ Zuerst ignorierte ich die Stimme, doch als plötzlich eine riesige Hand nach mir griff und aus dem Käfig hob, überdachte ich mein Leben doch noch mal. „Nein! Ihr könnt mich so viel foltern wie ihr wollt, ich werde nichts verraten!“ „Oh weh, wie herzzerreißend er winselt! Ich möchte ihm ganz viel Liebe schenken.“

„Ihr werdet mich niemals brechen! Moment, was?“, fragte ich verwirrt. Die Frau, die mich nun in der Hand hielt, lächelte mich freudig an. Nun erkannte ich, dass ich mich nicht mit ihnen verständigen konnte. Einzig ein Winseln verließ meinen Mund. Der Translator musste kaputt sein. So sehr ich es versuchte, ich konnte ihre Worte nicht dekodieren. Verdammter Mist. „Ist er noch zu haben?“, fragte die blonde Frau. „Ja, aber er zeigte bisher noch nicht viel soziales Verhalten gegenüber den anderen Hunden und auch den Menschen. Das könnte daran liegen, dass wir die Mutter aus schwierigen Verhältnissen gerettet haben.“, antwortete die Frau, die ich schon öfter gesehen hatte. „Das macht uns nichts aus, nicht wahr, Schatz?“ „Nein, wir werden in die Hundeschule gehen. Wir kriegen ihn schon hin!“, meldete sich eine dunklere Stimme. Der Mann und die Frau drückten ihre Lippen aufeinander und lachten. War dies eine Art Verschwörung? Welch grausame Kreaturen!

„Ihr werdet schon noch sehen, wer hier der Chef ist!“, lachte ich in einem fiesen, dunklen Ton, das just unterbrach, als ich am Kopf gekrault wurde. Oh ja, genau die Stelle!

© Magdalena Herrmann 2022-04-04

Hashtags