Kapitel 1 – Notfallpläne

Lisa Laurin

von Lisa Laurin

Story
2019 – 2020

Viele Menschen haben für Plan A auch einen Plan B.

Manche auch einen Plan C.

Ich bin eher so der Typ Mensch, der neben Plan A, B und C auch noch Plan D bis Z in der Tasche hat. Nicht zu vergessen die Umlaute Ä, Ö und Ü.

Jeder einzelne dieser Pläne ist fix und fertig – für sämtliche Szenarien ausgestattet, die mein armes Gehirn nur hervorbringen kann. Aber manche dieser Pläne wollte ich gar nicht in die Tat umsetzen müssen. Es sind ja immerhin Notfallpläne, die bei mehreren Gläsern Wein mit meinen besten Freundinnen entstanden waren. Und außerdem ist wohl wirklich niemand scharf auf einen Notfall.

Aber nachdem meine Jugendliebe, mit der ich fast die Hälfte meines noch jungen Lebens verbracht hatte, beschlossen hatte, mich und meine Habseligkeiten kurzerhand vor die Tür des gemeinsamen Hauses zu setzen und gegen eine andere Frau einzutauschen, arbeitete ich meine Liste an Notfallplänen zum ersten Mal ab.

Plan A wie „Aufgeben“ – tja, aufgeben war bekanntlich nie eine Option, also weiter.

Plan B wie „Bitten und Betteln“ – nope, war auch noch nie mein Stil gewesen. Weiter im Text.

Plan C – wie „Cholerischer Anfall“? Ähm … Nein.

Plan D – zurück in die „Dachgeschosswohnung“ meiner Eltern ziehen? Hell to the no!

Plan E – „Eifersucht“? Worauf eifersüchtig sein? Auf die Neue und meine treulose Tomate von Ex? Nö, dafür war mir meine Energie dann doch zu kostbar.

Plan F – ein „Facelifting“, um möglichst schnell einen neuen Mann zu finden? Was zur Hölle … ich bin 25! Wer hatte das hier hingeschrieben?

Plan G – mittels „Gänseblümchen“ die wahre Liebe auszählen? Auch nicht, hat noch nie funktioniert.

Plan H – „Haare färben“? Endlich einmal eine gute Idee! Nach einer Trennung muss eine Veränderung her. Tschüss braun, hallo blond.

Aber das reichte mir noch nicht.

Plan I – Zeit zu fragen, was erwartete „Ich“ in meinem Leben? Oje, diese Liste war lang …

Plan J – „jammern“. Gehörte nach einer Trennung irgendwie dazu, oder?

Plan K – versuchen an einem „Kälteschock“ zu sterben? Im August eher unwahrscheinlich.

Plan L – und genau hier stehe ich nun. Mitten in meinem Plan L.

L wie „London“.

Vor meinem neuen Apartment, die Schlüssel fest in der Hand. Alles war genauso wie geplant. Und trotzdem schrie mir eine innere Stimme lautstark entgegen: „Was tu ich hier eigentlich, verdammt?!“

© Lisa Laurin 2021-08-14

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