Kapitel 10

Anja Maurer

von Anja Maurer

Story

Ich konnte nicht mal meinen Gedanken zu Ende fassen, schon wurde ich von dem selbem weißen Licht, das mich auch in die Hölle transportiert hatte, erfasst. Ich versuchte meine Umgebung zu erkunden, aber alles, was ich sah, waren Menschen, Menschen so weit das Auge reichte. Es gab kaum genug Platz zum Stehen und allein die Arme auszubreiten war unmöglich. Die Situation gleicht einem Konzertbesuch umzingelt von Teenie-Fangirls. Um uns herum schwebten Wolken, besetzt von beflügelten Menschen. Aha! Ich bin also im Himmel. Naja, rein theoretisch gesehen. Wenn man die Unmengen an Menschen bedenkt, würde ich den Ort eher als Hölle beschreiben. Um ehrlich zu sein hatte ich mir den Himmel schon ein bisschen schicker vorgestellt. Ich weiß zwar nicht wie, aber zu mindestens nicht als ein Ort gefüllt mit Menschen, die bewegungslos dastanden und in die Leere starrten. Ich verstand nicht ganz, warum ich hier war. Ich wollte doch gar nicht weg von der Hölle.

Trotz den vielen Menschen versuchte ich das Beste aus der Situation zu gestalten und begab mich auf die Suche nach Essen. Logische Schlussfolgerung: Himmel = Gutes Essen. Falsch gedacht. Nach langem und mühseligem Durchschlagen durch gefühlt Millionen von Menschen, kam ich endlich an einem Essensstand an. Das einzige Menü auf der Karte: Tomaten. Das kann doch nicht wahr sein. War eine leckere Mahlzeit etwa nur ein Privileg der Lebenden?

Bei dem Anblick der Früchte schoss mir ein Gedanke in den Kopf: Lucifer. War ich so versessen auf Essen, dass ich komplett auf Lucifer vergessen hatte? Ich versuchte die Schuld auf die Desorientierung zu schieben, aber das schlechte Gewissen hörte nicht an mir zu nagen. Er musste doch bestimmt total verwirrt und einsam sein. Ach Gott. Ich musste schleunigst hier weg. Doch wie stellte ich das an? Ich konnte ja nicht so dir nichts mir nichts zurückgehen. Mir fiel die Treppe ein, die von der Hölle auf die Erde führte. Hier müsste es doch sicher etwas Ähnliches geben. Es hieß also wieder durch die Menschenmenge durch.

Ich suchte und suchte und fand genau nichts. Keine Treppe. Kein Ausgang. Und keine bei Bewusst seienden Menschen. Ich ließ meine ganze Frustration raus. „Was zur Hölle ist das hier?“ Vor meinen Augen breitete sich ein grelles weißes Licht aus. Nein, bitte nicht schon wieder.

© Anja Maurer 2022-08-28