von Sophie Thiele
Ich konnte nicht wegsehen. Die Sonne füllte meine ganze Existenz mit Wärme und das sorgte für eine so starke Anziehung, dass ich sie berühren wollte. Meine Beine bewegten sich wie von selbst auf sie zu und auch sie bemerkte mich nun. Ihre Bewegungen stagnierten und es war, als wäre dieser Moment unendlich. Dann explodierte sie vor meinen Augen. Sie zersprang in Millionen kleine Teile und aus ihnen empor stieg eine Frau. Ihre Erscheinung so schön, als hätte sie in flüssigem Gold gebadet. Die Haare lang und glatt, die Augen und Lippen groß und das Auftreten königlich. Ich schluckte. Ein Lächeln zeichnete ihre Lippen, als wäre sie amüsiert darüber, welchen Effekt sie auf mich hatte.
„Mein Kind, komm zu mir.“
Meine Augen rissen sich auf. Sie sprach mit mir. Anders als die anderen Planeten, die lediglich zwei Worte ausgestoßen hatten. Meine Beine bewegten sich wie von selbst und meine Hand streckte sich nach ihr aus. Sie nahm Meine in Ihre und sah mich lächelnd an.
„Es ist an der Zeit. Bist du bereit?“
Meine Stirn legte sich in Falten. Bereit wofür? Sie lachte.
„Dein Blick spricht Bände, mein Kind“ Ihr Lachen war wie pures Feuer, welches sich in meinem ganzen Körper ausbreitete. Ich brannte lichterloh. „Bist du bereit deinen rechtmäßigen Platz einzunehmen?“ Ihre Augen waren so eindringlich, dass mein Körper in eine Schockstarre verfiel. Meinen rechtmäßigen Platz? Was sagte sie da?
Ihr Grinsen wurde breiter und sie zog mich an sich. Meine Haut brannte an jedem Zentimeter, der sie berührte.
„Bist du bereit die Herrscherin zu werden? Bist du bereit deinen Platz als Göttin dieses Universums einzunehmen? Sprich mein Kind.“
Ich schluckte. Göttin? Dieses Universums? Sie beobachtete mich eindringlich und es war, als wäre ihre wohlige Wärme verschwunden und zurück blieb nur pure Hitze. Mein Körper bewegte sich wie von selbst und ein Nicken entfuhr mir. Die Sonne lachte.
„Ich wusste doch, du bist bereit! Mein Kind, du hast es beinahe geschafft!“
Sie klang so euphorisch, dass es ansteckte. Diese Freude färbte auf mich über und wandelte mich. Sonnes Blick wurde wieder sanft. „Dann heißt es wohl Abschied zu nehmen, meine Liebe.“ Ihre Worte schmerzten in meinem ganzen Körper.
„Bitte. Bitte geh nicht.“ war das Einzige, was ich herausbrachte. Ihr Blick war gezeichnet durch Mitgefühl, als sie einen Schritt auf mich zutrat, um mich in eine innige Umarmung zu ziehen.
„Führe uns“
Ein Kuss auf meinen Scheitel besiegelte mein Schicksal.
© Sophie Thiele 2024-01-24