von Lisa Koscielniak
Ich traute mich nicht, mich zu bewegen und scannte den Dachboden nach Anzeichen, dass jemand dort war und ich mir das alles nicht einfach nur eingebildet hatte. Nur mein schneller Atem war zu hören. Dann flackerte meine Kerze auf einmal und ein kalter Luftzug ließ mich frösteln. Ich fühlte mich beobachtet, aber es war immer noch niemand zu sehen. Das war doch alles nicht wahr! Ich wollte gehen. Nein. Rennen. Einfach die Treppe runter und in mein Bett. Decke über den Kopf und so tun, als wäre nichts passiert. Da! Flüstern! Diesmal direkt neben mir. „Sie ist es. Sie muss es sein!“ „Dieser Geruch …“ „Aber sie sieht anders aus!“ „Es gibt nur eine Lösung! Wenn sie uns hören kann …“ Erwartungsvolle Stille breitete sich aus. „Ich höre gar nichts. Ich gehe jetzt einfach und tue so, als hätte ich nichts von alldem mitbekommen“, sagte ich und wollte dabei überzeugend klingen, aber meine Stimme zitterte. Langsam stand ich auf und drehte mich Richtung Tür. „Sie ist es!“ „Sie darf nicht gehen!“ Und damit knallte die Tür zum Dachboden ins Schloss und der Windzug blies meine Kerze aus. Das hast du ja super hingekriegt, Dana. Vollkommene Dunkelheit umhüllte mich.
„Bitte, hab keine Angst! Wir wollen dir nichts tun.“ „Das könnten wir auch gar nicht.“ „Sehr beruhigend. Halt du dich da raus, wir regeln das! So. Setz dich erstmal hin, Liebes. Du siehst ein wenig blass aus.“ Ich hörte auf das Flüstern und setzte mich auf den Boden. „Wer seid ihr?“, Meine Stimme zitterte immer noch. „Was ist hier eigentlich los?“ „Wir sind Geister.“ „Seelen, die den Weg in die Freiheit nicht finden können.“ „Genau. Wusstest du, dass es hier einmal ein großes Massaker gab? Wir sind diejenigen, die damals ermordet wurden. Seit diesem Tag sind wir an dieses verfluchte Anwesen gebunden und finden keine Ruhe. Wir dachten, dass wir niemals befreit werden würden, aber dann gab es hier dieses Mädchen. Sie war die Einzige, die uns hören konnte, und wir erzählten ihr unsere Geschichte. Sie hat versucht zu helfen, aber es wurde zu viel für sie und sie ist gegangen. Du riechst wie sie und du kannst uns ebenfalls hören. Du bist unsere letzte Chance!“ „Wie hieß dieses Mädchen?“, fragte ich und ahnte die Antwort bereits. „Maria“, flüsterte es und mein Herz zog sich zusammen.
„Maria war meine Mutter“, flüsterte ich. „Seid ihr zurückgekommen, um uns zu befreien?”, fragte ein Geist hoffnungsvoll. „Nein, tut mir leid. Maria ist gestorben. Wir sind aufgrund der Einladung ihrer Mutter hier“, antwortete ich. „Oh, das tut uns leid“, flüsterte es. „Ich bin Dana“, meinte ich dann schnell. „Es ist uns eine Freude, dich kennenzulernen.“ „Also, wie könnte ich euch denn befreien?“ „Unser Fall wurde nie aufgeklärt. Der Mörder wurde nie gefunden. Aber er ist noch hier. Er muss gefunden werden. Er ist kein normaler Mensch mehr und zieht seine Kraft aus uns. Dadurch konnte er bis jetzt weiterleben.“ Ich schluckte. Einen unsterblichen Mörder stellen? Wie sollte ich das denn hinbekommen?
© Lisa Koscielniak 2021-06-15