von Alexa Dudda
Hilflos stehe ich vor der gigantischen Villa. Ich kann nicht glauben, was alles passiert. Während die Worte aus meinem Mund sprudeln und die Schrecken der letzten Tage an meinem inneren Auge vorbeiziehen, werfen drei Polizeiwagen flackernd blaues Licht auf die efeubewachsenen Wände.
„Und so geht es schon seit Tagen“, erzähle ich außer Atem. „Jemand ist in meinem Haus. Können Sie bitte überprüfen, ob Natascha Schermer noch lebt?“ Die Polizisten schauen mit ernster Miene auf mich herab. Vielleicht hätte ich den letzten Satz lieber weggelassen. Ich glaube, ich habe etwas zu viel gesagt. Dreizehn Kapitel um genau zu sein.
„Ich schwöre Ihnen, es hat sich genauso zugetragen.“
„Tja, Sie hätten es nicht detaillierter erzählen können. Wenn Sie jemanden zum Reden brauchen, weil Sie an ihrem Geburtstag sitzen gelassen wurden, rufen Sie nächstes Mal ihren Vater an. Oder Ihre Freundin.“
„Ich bin niemand, der gerne Geschichten erzählt. Ich gucke auch keine Nachrichten, damit mir solche Stories erspart bleiben.“ Den Satz hätte ich auch lieber weggelassen.
Der Polizist atmet tief aus und eine weiße Wolke bildet sich in der schwarzen Nacht. „Handy und Portemonnaie sind noch hier. Alle Fenster und Türen sind verschlossen. Bis auf die Haustür, die Sie sperrangelweit offengelassen haben. Unsere Hunde konnten nichts finden. Fehlt sonst noch etwas?“ Verblüfft über die Abgeklärtheit der Uniformträger schüttele ich den Kopf. „Wollen Sie eine Anzeige aufgeben? Dann können Sie alles noch mal auf der Wache erzählen. Etwas ausführlicher, wenn‘s geht.“ Gelächter ertönt in der Runde und ein unbehagliches Gefühl macht sich in meiner Brust breit.
„Fürs Protokoll: Sie nehmen Tabletten, die gegen Paranoia helfen?“
„Nein, seit einem halben Jahr nicht mehr.“
„Vor einem halben Jahr ist ihre Tante gestorben richtig?“
„Ja, aber ich habe erst später von ihrem Tod erfahren. Wir standen uns nicht besonders nahe.“
„Und Sie trinken viel Alkohol.“
„Ich hatte diese Woche Geburtstag.“
Der Polizist ignoriert mein Unbehagen. „Haben Sie heute etwas genommen? Können wir einen Test machen?“
„Was?“
„Kommen Sie bitte mit auf die Wache.“
Ich schaue zu Boden. „Kann ich bitte morgen vorbeikommen? Das war heute alles ein bisschen viel.“
Die Polizisten fahren davon. Ich werde diese blöde Wache nie betreten.
© Alexa Dudda 2022-10-26