von Sabine Akkermann
Den ganzen Abend über versuche ich die Stiefel wie ich auch die Latzhose online zu stellen, um sie zu verkaufen. Doch es funktioniert nicht. Jede Verkaufsapp zeigt mir Verbindungsprobleme an, wenn ich versuche die Anzeigen zu veröffentlichen. Es ist egal, wo ich es probiere. Vinted, Kleiderkreisel, ebay, Kleinanzeigen, etc. Niemand will die Anzeige veröffentlichen. An einen Zufall höre ich auf zu glauben, als ich mir diverse Kleiderverkaufsapps heruntergeladen habe und immer wieder die gleiche Meldung nach Veröffentlichung angezeigt wird: „Entschuldigen Sie, die Verbindung wurde unterbrochen und die Anzeige konnte leider nicht hochgeladen werden. Probieren Sie es zu einem späteren Zeitpunkt wieder.“
Ist es möglich, dass diese Apps eine Art Algorithmus benutzen, damit verdammt limitierte Kleidungsstücke, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen, genau dies auch nicht konnten? Nein, so etwas kann ich mir nicht vorstellen – das wäre doch mehr als nur absurd. Ich beschließe noch ein letztes Mal diese Kollektion zu recherchieren, komme aber wieder nicht zu einem Ergebnis. Ja, es gab T-Shirts, es gab Schuhe und auch sogar Stiefel und Hosen, aber nicht die beiden Teile, welche ich besitze. Dies kommt mir immer eigenartiger vor, als ich mir meine Stiefel genauer anschaue. Denn die Seriennummer der Schuhe wurde heraus geschwärzt. Sind diese Schuhe etwa geklaut? Möglicherweise sogar illegal? Dann müsste der Wert unschätzbarer sein, als ich zuvor vermutet hatte.
Einen Moment halte ich inne und überlege ganz genau, ob es wirklich clever ist, das online zu stellen. Wer weiß, was ich damit lostrete. Auf der anderen Seite habe ich vermutlich einfach zu viele True Crime Serien zum Einschlafen geschaut. Egal, ich brauche das Geld, dann muss ich es eben auf unkonventionellen Wegen probieren. Ich poste auf Instagram, Facebook und in meinen WhatsApp Status Bilder von den Stiefeln und der Hose, packe eine kurze Beschreibung mit dazu, die so viel aussagt wie: „Hier schaut mal die super limitierten Stiefel und Latzhose von Missy Elliott aus der Adidas Respect Me Kollektion von 2005; es gibt nichts Vergleichbares auf dem Vintage HipHop Markt, also macht mir ein Angebot, welches ich nicht ablehnen kann und ich melde mich bei Euch!“
Ich hatte das nicht lange bei WhatsApp stehen, da bekomme ich eine Nachricht von meiner ehemaligen Arbeitskollegin aus einem Restaurant, welche mir diese Latzhose vermacht hatte, nachdem sie das dritte Kind bekommen hatte und für immer damit abgeschlossen hatte, dass sie nie wieder in diese Hose passen würde. Ich weiß, dass sie damals sagte, ich solle sie niemals verkaufen. Doch momentan stecke ich in einer außergewöhnlichen Phase meines Lebens in der ich froh, um jeden Cent bin. „Das hättest du besser nicht getan.“
Wenig später bekomme ich eine SMS von ihrem Bruder: „Ein Wort von wem du die Hose hast und du bekommst ganz andere Probleme.“
Tausende Gedanken rennen durch meinen Kopf und ich weiß nicht so recht, ob ich antworten soll, die Posts löschen soll oder einfach nichts dergleichen tun soll. Sind dies nur leere Drohungen oder doch ernst zu nehmen? Ist es zu spät zum Handeln?
© Sabine Akkermann 2025-04-14