Conny plumpste nun also ebenfalls auf den Schreibtischstuhl und erzählte widerwillig, was ihr wenige Stunden zuvor geschehen war:
„Muss ich das hier wirklich tun? – Weil das total bescheuert ist! – Ist schon gut! Ich mach‘s ja… Hi, meine Name ist Conny Cornelius. Und ja, das ist mein richtiger Name, kein Pseudonym. Ich bin Schriftstellerin und heute ist der schlimmste Tag meines Lebens. – Tut mir leid, Leute. Aber das ist wahr. – Früher dachte ich, Schreibblockaden wären das grausigste. Aber nein, meine Albträume wurden getoppt.
Heute morgen, um genau zu sein. Als ich aufwachte. Mit höllischen Nackenschmerzen nebenbei bemerkt, weil ich am Schreibtisch auf der Computertastatur eingeschlafen war. – Nein, Luna, deshalb habe ich nicht geschrien. Ich habe geschrien, weil vier Fremde um mich herum standen und mich angeglotzt haben. – Ja, verflixt! Das wart ihr. – Und die ganze Situation war sehr bizarr. Ähnlich bizarr wie diese Idee mit der Kamera.
Jedenfalls… Jedenfalls dürften Angelos, Luna, Azura sowie Phoenix, gar nicht existieren. Zumindest nicht außerhalb meines Kopfes. Denn so merkwürdig es auch klingen mag, muss ich mir eingestehen: Sie sind meine Werke. Ich habe sie erschaffen. Ich habe sie geschrieben. Ihre Charaktere, Geschichten, Gefühle… Das alles habe ich erfunden. Und jetzt sind sie über Nacht lebendig geworden. Ich habe keine Ahnung, wie oder warum sie hierher, in die richtige Welt, gekommen sind und leider haben sie auch nicht die geringste Ahnung.
Das heißt, sobald die Antistressplätzchen fertig gebacken sind und ich die gesamte Kanne Gute-Laune-Tee ausgetrunken habe, muss ich herausfinden wie das alles passiert ist, damit ich die vier zurückschicken kann. Und das würde ich wirklich, wirklich gern. Denn sie nerven. Höllisch.
Hier eine Warnung an alle Geschichtenschreiber: Wenn ihr glaubt, es wäre total spannend, interessant, wunderbar, lustig oder herzallerliebst eure Figuren zum Leben zu erwecken und sie kennenzulernen, kann ich euch versichern, dass es das nicht ist. Sie werden euch den letzten Nerv rauben. Die Gespinste meiner Phantasie sind heute Morgen Realität geworden und es ist der schlimmste Tag meines Lebens.“
© Fritzi-H. E. Fechner 2022-08-14