von Patrick Lechner
Das dunkelste Schwarz das ich jemals sah, so würde ich den Blick in den Abgrund, der sich auftat, beschreiben. Ein Ende sah man nicht. Es war einfach nur die pure Dunkelheit. Blickte man auf den Rand dieses seltsamen Lochs so machte es den Eindruck nicht einfach weggebrochen zu sein, sondern zeugte mit seinen glatten Seiten davon gezielt entfernt worden zu sein. Den Wind nahm ich immer noch nicht wahr also begann ich am Loch entlangzugehen.
Die Stunden vergingen und ich kam kaum weiter. Das Ende des Loches konnte man immer noch nicht sehen, dachte ich. Doch tatsächlich hatte ich dieses Teufels Auge einmal umkreist als ich wieder am Haus der Dame ankam. Auch die Zeit schien still zu stehen. Immer noch war alles in einem düsteren Dämmerlicht gehüllt. Was würde passieren, wenn ich das Haus einfach wieder betrete? Ich hielt kurz inne, ehe mich mein knurrender Magen wieder in die Realität oder was auch immer das hier ist zurückholte.
Ich öffnete den Rucksack und schaute, was ich da denn überhaupt bekommen haben. Brot, Karotten, Wurst, eine Flasche mit Wasser und ein Gläschen mit Marmelade. Ich ging zurück zum Haus und saß mich auf das Bänkchen, das davor stand. Riss ein Stück vom Brot ab und tunkte es in die Marmelade. Erdbeere. Sie hatte mir ein Glas meiner liebsten Marmelade eingepackt. Was für ein Zufall. Grinsend und mit einer Portion Wehmut aß ich noch ein paar Bissen und schaute gen Horizont. Wie komme ich aus diesem Mist nun wieder raus? Ich habe doch Verantwortung. Mein Blick erstarrte. Verantwortung. Was mache ich hier? Ich lief vor meinem Leben weg und nun bin ich irgendwo oder besser irgendwann und komme anscheinend nicht mehr zurück. Anscheinend, das ist es. Vielleicht ist das ja nur ein Trick der alten Dame. Ich packte den Rucksack zusammen und versuchte die Tür zu öffnen. Keine Chance. Sie hat wohl zu gesperrt.
„Machen Sie auf, ich weiß, dass Sie da sind“, schrie ich die Dame die Türe hämmernd an.
Keine Antwort. Kein Ton war zu hören. Dann eben durchs Fenster. Ich nahm einen Stein und warf ihn durch eines der beiden Fenster im Erdgeschoss. Das Glas zerbrach so laut und unheilvoll, dass mir ein Schauer den Rücken lief. Ich sprang durch das Fenster und, tatsächlich, es war wieder anders. Das Haus schaute von innen wie ein Rohbau aus. Keine Fenster oder sonstiges. Blickte man durch die Einsparungen, die später die Fenster werden sollten so konnte man ein paar ebenfalls teils unfertige Häuser sehen. Genau die Häuser die bei meiner ersten Ankunft in diesem unheilvollen Ort schon zu Ruinen verfallen waren.
Ich sah mich also im Haus um, doch sah ich keine Menschenseele. So ging ich durch das, was später die Tür sein sollte, doch es geschah nichts. Der Ort blieb derselbe. Die Zeit veränderte sich nicht. Natürlich, die Tür, die mich hier wegbringen könnte, existierte noch nicht, ebenso wie auch die Fenster. So blieb mir nichts anderes übrig als zu warten. Um nicht aufzufallen, verließ ich das Haus und begann mich im Dorf umzusehen. Immerhin wusste ich noch nicht wie lange ich hier nun feststecken würde.
© Patrick Lechner 2023-05-07