von Nexarve
Felia näherte sich langsamen Schrittes der dunklen Hütte. In der Dämmerung der Nacht wirkte dieses kleine Gebäude riesig und bedrohlich, doch das warme Licht aus dem Fenster schien sie förmlich anzulocken. Sie lauschte kurz an der Tür. Von drinnen war ein Gespräch zu hören, es schienen gerade zwei Leute zu diskutieren. Felia hörte genauer hin, doch konnte sie nicht herausbekommen, wovon drinnen gesprochen wurde. Ob es wohl unhöflich wäre um diese Zeit zu stören? Aber sie hatte Hunger, und der Gedanke, wieder auf einem Baum schlafen zu müssen, schreckte sie ab. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und klopfte vorsichtig an. Plötzlich wurde es still in der Hütte. Felia meinte, noch ein leises Flüstern zu hören, aber auch das war plötzlich verstummt. Sie trat einen Schritt von der Tür weg. Vielleicht sollte sie doch wieder gehen? Doch dann öffnete sich die schwere Holztür mit einem lauten Knarren.
„Wer ist da, zu so später Stunde?“ Ein Mann machte auf. Er war groß, hatte einen strubbeligen Bart und seine Haut schien von der Sonne stark gebräunt zu sein.
„Tut mir leid, werter Herr. Ich suche nach Schutz vor der Nacht und hatte Hoffnung, hier ein Obdach zu finden.“
Der Mann trat einen Schritt hinaus und sah sich um, als ob er noch mehr Besucher suchen würde. Scheinbar zufrieden, dass sie alleine war, nickte er knapp und ließ Felia eintreten. Der Raum war klein mit einem hell erleuchteten Kamin an der Seite. Auf dem Tisch standen zwei Schüsseln. Sie hatte die Bewohner wohl gerade beim Abendessen gestört. Doch der Besitzer der zweiten Schüssel war nicht zu sehen.
„Setz dich und iss was. Du siehst ja recht mager aus.“ Der Mann zeigte zu einer der Schüsseln und lies Felia dort Platz nehmen.
Ihr Hunger ließ sie nicht lange zögern. Sie setzte sich und begann die Suppe, die noch in der Schüssel war, zu essen. Aber irgendetwas war seltsam. Nach einer Weile sah sie sich um und sah, dass eine Tür, die in einen hinteren Raum führte, einen kleinen Spalt geöffnet war. In dem Moment, in dem sie hingesehen hatte, sah sie ein Augenpaar, das sie genau beobachtete. Der Mann stand auf.
„Hier ist ein Bett, das du heute Nacht nutzen kannst.“ Er führte sie in ein Zimmer. Felia bedankte sich, ging in das kleine Zimmer, legte ihre Tasche auf einen kleinen Hocker und legte sich in das harte Bett, welches jedoch immer noch bequemer war als ein Baum. Es dauerte nicht lange, bis sie eingeschlafen war, doch kurz vor dem Morgengrauen wurde sie geweckt. Eine magere Frau mit zerrissener Kleidung hatte sich in ihr Zimmer geschlichen und stand nun neben ihrem Bett.
„Ihr müsst hier sofort verschwinden. Bitte. Sobald es Morgen wird, lässt er Euch nie mehr gehen. All die armen, verirrten Leute… Ach… Bitte geht. Sofort.“ Tränen schossen in ihre kleinen Augen. Etwas war Felia nicht geheuer. Sie nahm ihre Tasche und verließ durch ein kleines Fenster den Raum. Was für eine seltsame Begegnung. Sie setzte ihren Weg fort. In der Ferne hörte sie den Schuss eines Gewehres.
© Nexarve 2023-06-05